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Ein oft angeführter Grund, für eine Beschneidung ist die Annahme, es würden sich hieraus hygienische Vorteile ergeben. Man muss dieses Argument im Kontext der Umfeldes sehen, in dem der betroffene Mensch aufwächst. Dass schlechte hygienische Verhältnisse, insbesondere mangelnder Zugang zu sauberem Trinkwasser, ein ernstzunehmendes Problem darstellen, ist allgemein bekannt. Grade die Situationen in Katastrophengebieten oder Flüchtlingscamps in der sogenannten dritten Welt führen uns das immer wieder vor Augen.
In den westlichen Industrienationen besteht dieses Problem nicht. Die Möglichkeit zur täglichen Körperpflege ist gegeben und sie wird in diesen Ländern deshalb auch als Selbstverständlichkeit angesehen. Findet die Reinigung der Geschlechtsteile – und davon ist auszugehen – auf einer täglichen Basis statt, so können sich unter der Vorhaut auch keine Ansammlungen an Keimen bilden. Die Säuberung der [[Glans penis|Eichel ]] und des Bereiches unter der Vorhaut ist simpel – man wäscht sie einfach mit, so wie auch die Zwischenräume der Zehen.
Bei kleinen Kindern, bei denen sich die Vorhaut noch nicht zurückziehen lässt, ist eine Reinigung nicht erforderlich, da die Membran, die [[Glans penis|Eichel ]] und [[Vorhaut ]] in diesem Entwicklungsstadium verbindet, eine Ansammlung von Keimen verhindert. Auch das so genannte "Ballooning", also das Aufblähen der Vorhaut beim Wasserlassen, stellt keinen Grund zu Besorgnis dar.
Die bei Kindern oft enge Öffnung der Vorhaut wirkt hier wie ein Einweg-Ventil, das sich öffnet, um dem Urin abfluss zu gestatten, und verhindert ansonsten das Eindringen von Keimen, z.B. aus der verschmutzten Windel. Solange das Kind normal Wasser lassen kann, funktioniert alles wie von der Natur vorgesehen.
* Geschlechtskrankheiten: Grade im Bereich der Übertragung von Geschlechtskrankheiten hat es im Laufe der Zeit mannigfaltige Studien gegeben.
* Vorab muss hierzu gesagt werden, dass jede Form von Schutz gegenüber diesen Krankheiten nur Personen betrifft, die auch sexuell aktiv sind. Eine Beschneidung im Kindesalter ist hierdurch nicht zu rechtfertigen, da alle vermuteten Schutzeffekte erst in einem Alter zum Tragen kämen, in dem der Junge die Entscheidung zur Zirkumzision bereits selber treffen kann.
* Die Vorhaut hält, wie oben bereits erwähnt, die [[Glans penis|Eichel ]] feucht. Diese subpräputiale Feuchtigkeit enthält unter anderem das Enzym Lysozym, das die Zellwände von Bakterien zerstört und somit einen natürlichen antibakteriellen Schutzmantel bildet. Dies erklärt die Ergebnisse einiger Studien, so z.B. Laumann et al.<ref>Laumann EO, Masi CM, Zuckerman EW. Circumcision in the United States: prevalence, prophylactic effects, and
sexual practice. JAMA 1997;277:1052-7.</ref>, die bei bakteriellen Geschlechtskrankheiten eine höhere Infektionsrate unter beschnittenen Männern feststellte als unter unbeschnittenen.
* Auch die Untersuchungen von Fleiss et al.<ref>Fleiss PM, Hodges FM, Van Howe RS. Immunological functions of the human prepuce. Sex Transm Inf
Der verbleibende Rest des inneren Vorhautblattes wird zurückgezogen und mit der Schafthaut vernäht. Die Narbe befindet sich weit in Richtung des Körpers, daher die Bezeichnung High/Hoch.
Die vormals innen an der [[Glans penis|Eichel ]] anliegende Hautfläche liegt nun außen, und bildet den für diesen Stil charakteristischen farblichen Absatz zwischen [[Glans penis|Eichel ]] und Schafthaut.
Bei den strammen Stilen wird am meisten Haut entfernt. Sie schränken die Beweglichkeit der Penishaut im schlaffen Zustand bereits stark ein, beim erigierten Glied ist die Haut vollends gespannt und unbeweglich. Eine unzureichende Menge an Resthaut kann hier eine vollständige Erektion behindern und zu Spannungsschmerzen führen. Auch eine Schiefstellung des Penis durch ungleichmäßige Verteilung der verbliebenen Haut ist möglich, oft bedingt durch eine unsaubere Schnittführung oder ein schiefes Zusammenwachsen während der Wundheilung. Durch die starke Kürzung des inneren Vorhautblattes geht bei diesem Stil zudem viel sensitives Gewebe verloren.
==== Low & Tight / Niedrig & Stramm<ref>David-matthias http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Beschneidungsstile,_Styles_of_Circumcision.jpg</ref> ====
Bei diesem Stil werden sowohl das innere als auch das äußere Vorhautblatt komplett entfernt – die Schafthaut wird unterhalb des Eichelkranzes [[Glans penis|Eichel]]kranzes angenäht. Die Narbe liegt dicht an der [[Glans penis|Eichel]], daher die Bezeichnung Low/Niedrig.
Dieser Stil ist der radikalste, denn er entfernt das gesamte sensitive Gewebe der Vorhaut. Wie auch beim High & Tight wird hier sehr viel Haut entfernt. Im schlaffen Zustand ist die verbleibende Resthaut kaum, im erigierten Zustand gar nicht mehr beweglich.
==== High & Loose / Hoch & Locker<ref>David-matthias http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Beschneidungsstile,_Styles_of_Circumcision.jpg</ref> ====
Das äußere Vorhautblatt wird komplett entfernt, ebenso ein Teil der Schafthaut. Das innere Blatt wird zurückgezogen und mit der Schafthaut vernäht. Die Narbe befindet sich in Richtung des Körpers, daher der Name High/Hoch. Im Gegensatz zum "High & Tight"-Stil wird das innere Blatt nicht so stark gekürzt und liegt in Falten hinter der [[Glans penis|Eichel]].
Es steht noch genug Resthaut zu Verfügung, um eine vollständige und beschwerdefreie Erektion zu gewährleisten.Von allen Varianten wird bei dieser am wenigsten sensitives Gewebe entfernt.
==== Low & Loose / Niedrig & Locker<ref>David-matthias http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Beschneidungsstile,_Styles_of_Circumcision.jpg</ref> ====
Das innere Vorhautblatt wird entfernt, das äußere unterhalb der [[Glans penis|Eichel ]] angenäht. Die Narbe befindet sich somit direkt hinter dem Eichelkranz[[Glans penis|Eichel]]kranz, daher der Name "Low/Niedrig". Das äußere Vorhautblatt liegt in Falten hinter der [[Glans penis|Eichel]]. Es wird hierbei ausreichend Resthaut gelassen, um eine vollständige und spannungsfreie Erektion zu gewährleisten.
Da im Gegensatz zum "High & Loose"-Stil das innere und nicht das äußere Blatt entfernt wird, geht bei dieser Variante fast das gesamte sensitive Gewebe verloren.
=== Techniken und Gerätschaften ===
Es wurden im Laufe der Zeit eine Vielzahl unterschiedlicher Verfahren entwickelt, um die Vorhaut zu entfernen. Diverse Klemmen und Apparaturen sollen dem Beschneider die Arbeit erleichtern, optisch einheitliche Ergebnisse begünstigen oder Verletzungen der [[Glans penis|Eichel ]] durch unsachgemäße Schnitte vorbeugen. Hier einige der verbreitetsten Varianten:
==== Freihand-Techniken ====
Die ältesten Methoden, die Vorhaut zu entfernen, bedienen sich nur weniger Werkzeuge. Im einfachsten Fall wird die Vorhaut mit einer Schnur in die Länge gezogen, ein Messer direkt vor der [[Glans penis|Eichel ]] platziert, und die Haut dann mit einem Schlag auf den Messerrücken durchtrennt. Ein Vernähen findet nicht statt, die Haut wächst unkontrolliert zusammen.
Unter modernen OP-Bedingungen wird die Vorhaut zuerst mit Klammern gefasst und gezogen, und oberhalb der [[Glans penis|Eichel ]] einige Zeit abgeklemmt, um starke Blutungen zu vermeiden. Dann wird entlang der Klemme mit einem Skalpell geschnitten. Im Anschluss wird die verbliebene Haut ggf. noch dem gewünschten Stil entsprechend gekürzt und abschließend vernäht.<ref>Bild: Dr. med. Matthias Schreiber: Kinderchirurg, Schwerpunkt Kinderurologie </ref>
Auch völlig freihändige Varianten sind üblich. Die Penishaut wird hierbei zuerst an zwei Stellen rundum eingeschnitten, je einmal im Bereich der Schaft- und der Vorhaut. Danach wird der Hautbereich zwischen den Einschnitten entfernt und die Resthaut vernäht.
Auch die Sheldon-Klemme (Rechts) arbeitet nach einem ähnlichen Prinzip. Der innere Greifer fasst die Vorhautspitze, und zieht sie während des Schließvorgangs in die Klemme. Der äußere Greifer klemmt die Vorhaut ab. Mit einem Skalpell wird, nach einigen Minuten des Abklemmens, die Vorhaut zwischen den beiden Greifern durchtrennt.
Die Nutzung eines Schildes soll die [[Glans penis|Eichel ]] besser vor Schnittverletzungen schützen als eine einfache chirurgische Klemme, jedoch kann bei unsachgemäßer Anwendung sowohl bei der Mogen- als auch bei den Sheldon-Klemme die Eichelspitze [[Glans penis|Eichel]]spitze versehentlich mit eingeklemmt und ein- oder abgeschnitten werden.
==== Komplexe Klemmen ====
Eine der verbreitetsten Klemmen in den USA ist die Gomco-Klemme. Zuerst wird die Vorhaut eingeschnitten, dann die Metallglocke über die [[Glans penis|Eichel ]] gestülpt. Anschließend wird die Glocke mitsamt der Vorhaut durch die Öffnung in der Bodenplatte der Klemme geschoben und in den Hebel eingehängt. Durch Anziehen der Schraube zieht der Hebel die Glocke nach oben. Die Vorhaut wird zwischen Glocke und Klemme abgeklemmt. Nach einigen Minuten wird dann die Haut oberhalb der Bodenplatte mit einem Skalpell abgetrennt und die Klemme entfernt.
Bei der Plastibell-Methode wird zuerst die Vorhaut eingeschnitten, dann ein Plastikring über die [[Glans penis|Eichel ]] gestülpt und die Vorhaut über diese hinweggezogen. Mit einem Faden wird die Vorhaut an einer Kerbe des Rings befestigt und so abgebunden. Das Gewebe jenseits des Fadens wird nun abgeschnitten und der Haltegriff abgebrochen.
Das abgebundene Gewebe stirbt in den folgenden Tagen ab, und der Ring fällt von selbst ab. Da diese Art der Beschneidung nicht bis zum Ende unter ärztlicher Überwachung stattfindet, kann im Falle auftretender Schwellungen unter Umständen nicht sofort eingegriffen werden, zudem besteht das Risiko, dass der Ring durch äußere Einwirkungen zu früh entfernt wird und die noch nicht ausreichend verheilte Wunde an den Rändern aufplatzt. In diesem Falle muss nachträglich genäht werden.
Die Smartklamp und einige andere, ähnliche Designs sind Einweg-Klemmen, die eine Mischung aus Gomco- und Plastibell-Methode darstellen. Die [[Glans penis|Eichel ]] wird in die Plastikröhre eingeführt, die Vorhaut darüber gezogen. Die Bodenplatte des äußeren Spannmechanismus wird dann über die Vorhaut geschoben und arretiert, was die Haut zwischen dem wulstigen unteren Rand der Röhre und der Bodenplatte einklemmt. Die Vorhaut wird nun oberhalb der Bodenplatte mit einem Skalpell durchtrennt. Die Klemme verbleibt am Penis, bis sie — ähnlich der Plastibell— nach dem Absterben der eingeklemmten Haut in einigen Tagen von selber abfällt.
All diesen Methoden ist gemein, dass die Vorhaut von der [[Glans penis|Eichel ]] abgelöst sein muss. Im Falle einer Kindesbeschneidung ist es deshalb in den meisten (siehe Tabelle oben) Fällen erforderlich, zunächst die Balanopräputiale Membran, die Vorhaut und [[Glans penis|Eichel ]] miteinander "verklebt", durch gewaltsames Zurückziehen der Vorhaut oder Ablösung mittels eines unter die Vorhaut geschobenen stumpfenInstrumentes zu zerstören, was Verletzungen und Entzündungen der [[Glans penis|Eichel ]] zur Folge haben kann.
== Risiken und Spätfolgen ==
* Postoperative Infektionen. Diese schließen sowohl lokale Infektionen ein, die mit örtlicher Therapie behandelt werden können, als auch systemische Infektionen, die eine systemische Antibiose erforderlich machen.<ref>Dr.med Wolfram Hartmann, Stellungnahme zur Anhörung am 26. November 2012 im Rechtsausschuss des Bundestages</ref>
* Wunddehiszenz, also das Auseinanderweichen benachbarter Wundränder bzw. Gewebestrukturen einer Wunde nach erfolgter Naht.
* Verwachsungen der Eicheloberfläche [[Glans penis|Eichel]]oberfläche oder des Eichelkranzes [[Glans penis|Eichel]]kranzes mit der umliegenden Penishaut, bei denen Hautbrücken oder -taschen entstehen oder optisch unbefriedigende Ergebnisse wie unsaubere Nähte, die eine Nachbeschneidung erforderlich machen.
* Postoperative Phimose. Bei der Narbenbildung kann ein phimotischer Ring entstehen, der eine Nachbeschneidung erforderlich macht. Nach Blalock et al.<ref>Blalock HJ, Vemulakonda V, Ritchey ML, Ribbeck M. Outpatient management of phimosis Following newborn
circumcision. J Urol 2003;169(6):2332-4.</ref> liegt die Häufigkeit bei 2,9 %, nach einer Studie von Leitch<ref>Leitch IOW. Circumcision - a continuing enigma. Aust Paediatr J 1970;6:59-65</ref> bei 5,5 %.
* Knotenbildung der Venen. Wird die dorsale Vene, die in der Spitze der Vorhaut beginnt, bei der Beschneidung durchtrennt, ohne dass diese vorher gesondert abgeklemmt und am Stumpf vernäht wurde, so verästelt sie sich mit der Zeit neu, was zu Knotenbildungen führen kann.
* Mögliche Fehlbildungen infolge der Beschneidung sind die Penishypoplasie (ein Schrumpfpenis) oder eine Induratio Penis plastica (Penisschiefstellung).
* Ärztliche Behandlungsfehler können ebenfalls nicht immer ausgeschlossen werden. Verletzungen, teilweise oder vollständige Abtrennung der [[Glans penis|Eichel ]] oder des Penis können vorkommen.
* In seltenen Fällen können auch Nekrosen, Gangrän, Ischämie, Keloidbildung und Zirkulationsprobleme auftreten.
* Wird nach der Beschneidung eines Säuglings das ultra-orthodoxe jüdische Ritual Metzitzah B'peh ausgeführt (also das Absaugen von Blut aus der Wunde mit dem Mund), so besteht ein Risiko für eine Infektion mit Herpes simplex Typ 1, die zu Hirnschäden oder Tod führen kann.<ref>http://www.nytimes.com/2012/03/08/nyregion/infants-death-renews-debate-over-a-circumcision-ritual.html?_r=0</ref>
=== Körperliche Spätfolgen ===
* Eine unvermeidliche Spätfolge jeder Beschneidung ist der dauerhafte Verlust von sexuellem Empfindungsvermögen. Dies ist zum einen auf das Entfernen sensorischen Gewebes zurückzuführen. Die Vorhaut enthält ca. 20.000 Nervenenden und Tastkörperchen, die für den Großteil der sexuellen Empfindung des Mannes verantwortlich sind. Wird die Vorhaut entfernt, stehen sie nicht mehr zur Erzeugung sexueller Stimulation zur Verfügung. Zum anderen reagiert die Eicheloberfläche [[Glans penis|Eichel]]oberfläche auf den nach einer Zirkumzision fehlenden Schutz vor Reibung und Austrocknung mit dem Bilden einer Hornhaut. Dadurch sinkt die Empfindungsfähigkeit der verbliebenen Nerven in der [[Glans penis|Eichel ]] über die Jahre immer weiter ab. Die Studie von Sorrells et.al.<ref>Sorrells ML, Snyder JL, Reiss MD, et al. Fine-touch pressure thresholds in the adult penis. BJU Int 2007;99:864-9.</ref> wies eine deutliche Reduktion der Berührungsempfindlichkeit beschnittener gegenüber intakten Penissen bei erwachsenen Männern nach. Andere Studien ergaben, das beschnittene Männer deutlich seltener Kondomen benutzen als unbeschnittene, da diese die sexuelle Empfindung noch weiter einschränken (s.o.).
* Spannungsschmerzen können auftreten, wenn zu wenig Reservehaut gelassen wurde, um eine vollständige Erektion zu ermöglichen.<ref>Taylor, J.R., Lockwood, A.P., & Taylor, A.J. (1996). The prepuce: „Specialized mucosa of the penis and its loss to
circumcision.“ British Journal of Urology, 77, 291-295.</ref> Dieses Risiko ist auch von der Anatomie des Penis abhängig, denn während einige Penisse bereits im schlaffen Zustand einen Großteil ihrer endgültigen Länge ausweisen ([[Fleischpenis]]), sind andere im schlaffen Zustand recht kurz und wachsen bei einer Erektion auf die doppelte Länge oder mehr an ([[Blutpenis]]). Grade bei Kindesbeschneidungen, wenn der Penis noch nicht ausgewachsen ist, lässt sich das nötige Maß an Reservehaut im Erwachsenenalter nicht abschätzen.
* Erektile Dysfunktion. Sowohl die Schädigung der Blutgefäße in der Vorhaut als auch das verminderte Lustempfinden können Gründe für eine verminderte Erektionsfähigkeit mit zunehmendem Alter sein.<ref>Money, J., & Davison, J. (1983): Adult penile circumcision: Erotosexual and cosmetic sequelae. Journal of Sex Research, 19, 289-292</ref>
* Orgasmusprobleme. In Folge des verminderten Lustempfindens, bedingt durch den Verlust sensorischen Gewebes und Verhornung der Eicheloberfläche[[Glans penis|Eichel]]oberfläche, kann es mit zunehmendem Alter zu Orgasmusproblemen kommen. Hierbei reicht die beim Geschlechtsverkehr oder der Masturbation erzeugte Erregung nicht mehr aus, um zum Orgasmus zu kommen. Eine Vorstufe dieser Spätfolge ist die verlängerte Zeit, die der Mann zum Erreichen des Orgasmus benötigt. Dies wird oft als das Argument "Beschnittene können länger" für eine Beschneidung genannt.
* Vaginale Trockenheit. Durch den Verlust des natürlichen Gleitlagereffektes, der durch die Verschiebbarkeit der Vor- und Schafthaut entsteht, tritt beim Geschlechtsverkehr eine deutlich höhere Reibung zwischen Penis und Vagina auf. Dies kann den Verkehr für beide Partner schmerzhaft werden lassen und zu Hautaufschürfungen führen.<ref>Morten Frisch, Morten Lindholm, Morten Grønbæk: Male circumcision and sexual function in men and women: a survey-based, cross-sectional study in Denmark. In: International Journal of Epidemiology Oktober 2011, 40(5), S. 1367-1381, doi:10.1093/ije/dyr104, PMID 21672947.</ref><ref>Cortés-González, J., Arratia-Maqueo, J., & Gómez-Guerra, L. (2008): Does circumcision has an effect on female's perception of sexual satisfaction? Rev Invest Clin, 60(3), 227 PMID 18807735.</ref> Auch die verlängerte Zeit, die beschnittene Männer brauchen, zum Orgasmus zu kommen, und die oftmals — im Vergleich zu unbeschnittenen Männern — längeren und härteren Stoßbewegungen spielen hier eine Rolle.<ref>Cold CJ, Taylor JR. The prepuce BJU Int 1999;83 Suppl. 1:34-44.</ref><ref>Fink KS, Carson CC, DeVellis RF. Adult Circumcision Outcomes Study: Effect on Erectile Function, Penile
Sensitivity, Sexual Activity and Satisfaction. J Urol 2002;167(5):2113-2116.</ref>
</blockquote>
Nach Ansicht des Anthropologen und Soziologen Nissan Rubin enthielt die jüdische Form der Zirkumzision, [[Brit Mila]] genannt, in den ersten beiden Jahrtausenden noch nicht die später übliche Periah, also das restlose Abschaben des inneren Vorhautblattes von der [[Glans penis|Eichel]]. Dieses sei erst in der Zeit um 135 n. Chr. eingeführt worden, um die im Zuge hellenistischen Einflusses häufigen Wiederherstellungen der Vorhaut durch Strecken unmöglich zu machen. Während ursprünglich nur das vordere Ende der Vorhaut abgeschnitten wurde, wird bei der Periah die gesamte Vorhaut entfernt. In der griechischen Gesellschaft galt seinerzeit eine entblößte [[Glans penis|Eichel ]] als obszön und lächerlich. In ultra-orthodoxen Gemeinden wird nach Abschluss der Zirkumzision vom [[Mohel]], den rituellen Beschneider, mit dem Mund Blut aus der Wunde gesaugt. Diese Praxis ist höchst umstritten, da es dabei zu Infektionen mit Herpes simplex Typ 1 kommen kann. In New York City wurden zwischen 2000 und 2011 elf Kinder mit Herpes infiziert — zehn davon mussten im Krankenhaus behandelt werden. Zwei von ihnen erlitten bleibende Hirnschäden, zwei weitere starben. Der jüdische Philosoph und Arzt Maimonides betonte im 12. Jahrhundert die Notwendigkeit der Zirkumzision, da sie die sexuellen Triebe dämpfe und die Lust auf das zur reinen Fortpflanzung erforderliche Maß senke.
Im Islam ist die Zirkumzision ebenfalls religiös begründet, auch wenn hierzu keine Erwähnung im Koran selber existiert. Der Überlieferung zufolge wurde der Prophet Mohammed ohne Vorhaut geboren. Es gilt als Zeichen des Prophetentums, dass die Propheten bereits ohne Vorhaut geboren werden. Es gilt als Ehre, "dem Vorbild der Propheten zu entsprechen", also beschnitten zu sein. Im Islam gibt es, anders als im Judentum, kein festgelegtes Alter, in dem die Zirkumzision durchgeführt werden soll. Eine Vielzahl von Zirkumzisionen findet im Alter zwischen 6 und 10 Jahren statt, aber die Spanne reicht von der Geburt bis zum Erwachsenenalter.
Hier spiegelt sich die enorme Faszination für die Fähigkeit, neues Leben zu erschaffen, wieder. Die Fruchtbarkeit gilt in den meisten Kulturen als wichtigstes Gut, und die daran beteiligten Körperteile rücken immer wieder in den Fokus kultischer Handlungen. Vielerorts finden diese Rituale zu einem Zeitpunkt statt, an dem die Jungen die Pubertät erreichen, und sollen den Übergang vom Kind zum Mann symbolisieren. Die Entfernung der männlichen Vorhaut ist nur eines der vielen Phänomene, die sich in diesem Zusammenhang entwickelt haben. Diese reichen bei Jungen und Männern von der Durchtrennung des Frenulums über die teilweise und vollständige Entfernung der Vorhaut bis hin zu radikalen Operationen. Bei den australischen Aborigines wird, wie oben erwähnt, die Vorhaut entfernt. Zudem ist es üblich, einige Wochen nach der Zirkumzision den jungen Männern den Penis aufzuschlitzen, was eine teilweise bis vollständige Spaltung der Harnröhre bewirkt.
Ein ebenfalls bekannter, besonders massiver Eingriff ist das Abschälen der gesamten Penishaut. In Indonesien werden Jungen zu Beginn der Pubertät kleine Bambus- oder Metallkugeln in den Penisschaft oder die [[Glans penis|Eichel ]] eingesetzt, die dann "Höcker" bilden.
Bei vielen Völkern ist es auch üblich, derartige Rituale an Mädchen durchzuführen. Dies kann von verhältnismäßig kleinen Eingriffen wie dem Durchstechen oder Einritzen der Klitorisvorhaut über ihre komplette Entfernung bis hin zu einer radikalen Entfernung von Klitorisvorhaut, Klitoris, inneren und äußeren Schamlippen und einem abschließenden Zunähen der Vagina reichen.
Beim Recht auf sexuelle Selbstbestimmung sieht es sehr ähnlich aus. Auch hier spielen die Folgen, die eine Zirkumzision auf den Körper hat und haben kann, eine zentrale Rolle. Ein Mann hat normalerweise die freie Wahl, wie er seine Sexualität erleben will. Es obliegt ihm alleine, zu entscheiden, wie er stimuliert werden möchte, und er kann — sollte er das wünschen — sein sexuelles Erleben auch ohne weiteres einschränken. Einem beschnittenen Mann eröffnen sich diese Möglichkeiten nicht. Sein sexuelles Erleben und Fühlen ist durch die körperliche Veränderung nicht mehr in vollem Umfang möglich.
Ein intakter Penis ermöglicht es vielen Männern, alleine durch Stimulation der Vorhaut zum Orgasmus zu kommen. Der Mann kann, wenn er sich selbst befriedigt, wählen, ob er die [[Glans penis|Eichel ]] direkt oder indirekt durch die Bewegung der Vorhaut stimuliert. Da er über das volle von der Natur vorgegebene Gefühlspotential verfügt, kann er es nach seinen eigenen Vorstellungen nutzen. Der beschnittene Mann hat diese Wahlfreiheit indes nicht. Ihm steht weder die Möglichkeit offen, seine Vorhaut in die Stimulation einzubeziehen, noch kann er auf ihre gefühlsempfindlichen Nervenenden und Tastkörperchen zurückgreifen. Auch verfügt er, je nach Menge und Art der entfernten Hautbereiche und Fortschritt der Eichelverhornung[[Glans penis|Eichel]]verhornung, nur über 15–50 % des Empfindungspotentials eines intakten Mannes. In einigen Fällen können die Einschränkungen auch noch deutlicher sein. So können Kondome bei einem stark desensibilisierten Penis die sexuelle Empfindung so weit reduzieren, dass nicht mehr genug Stimulation für einen Orgasmus erreicht wird — was bedeutet, dass erfüllender Safer Sex nicht möglich ist.
Besonders bei strammen Beschneidungsstilen besteht die Gefahr, dass der Verlust des reibungsmindernden Gleitlagereffektes bei beiden Partnern zu unangenehmen Gefühlen bis hin zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr führt. Auch kann die Fähigkeit, sich ohne Hilfsmittel – wie zum Beispiel Gleitmittel – selbst zu befriedigen in einem solchen Fall stark eingeschränkt werden oder gar ganz verloren gehen. In einer Studie<ref>DaiSik Kim, Myung-Geol Pang: The effect of male circumcision on sexuality. In: BJU international, Volume 99, Issue 3, März 2007, S. 619-622. doi:10.1111/j.1464-410X.2006.06646.x, PMID 17155977</ref> gaben 63 % der befragten Männer an, nach ihrer Beschneidung Probleme mit der Masturbation zu haben. Wird also ein Junge oder Mann beschnitten, ohne dies nach gründlicher Überlegung und in Kenntnis und Verständnis aller möglichen Folgen selber entschieden zu haben, so nimmt man ihm die grundrechtlich garantierte Freiheit, seine Sexualität nach eigenen Wünschen zu erleben. Dies ist durchaus vergleichbar mit einem elterlichen Einschreiten, um ein Selbstbefriedigungsverbot durchzusetzen, oder um eine homosexuelle Beziehung zu verhindern – mit dem Unterschied, dass der elterliche Eingriff in Form der Zirkumzision im Gegensatz zu Verboten in der Kindheit bis zum Lebensende unwiderruflich bestehen bleibt. Beides ist mit den modernen Vorstellungen vom Kindeswohl und der Betrachtung des Kindes als eigenständige Person nicht vereinbar, und somit ethisch nicht zu rechtfertigen.