Zirkumzision

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"Zirkumzision (von lat. circumcisio "Beschneidung"), auch männliche Beschneidung, ist die teilweise oder vollständige Entfernung der männlichen Vorhaut. Sie gehört zu den weltweit am häufigsten durchgeführten körperlichen Eingriffen und wird meist aus religiösen und kulturellen Beweggründen durchgeführt, selten mit medizinischer Indikation." (Quelle: Wikipedia)




Der nachfolgende Text stammt aus dem Zirkumpendium.

Inhaltsverzeichnis

Nicht-medizinische Motive für die Zirkumzision

Neben der medizinischen Indikation bei pathologischer Phimose gibt es auch andere Beweggründe für eine Vorhautbeschneidung.

Ästhetische Gründe

Das optische Erscheinungsbild des Penis wird durch eine Beschneidung gravierend verändert. Hierbei entscheidet jeweils der persönliche Geschmack, ob ein beschnittener oder natürlicher Penis ansprechender aussieht. Da eine Beschneidung nicht rückgängig gemacht werden kann, sollte man sich vor einer ästhetisch motivierten Zirkumzision genauestens über die Risiken und möglichen Spätfolgen informieren, um abwägen zu können, ob der erzielte optische Gewinn die körperlichen Veränderungen rechtfertigt.

Da diese Veränderungen und ihre möglichen Folgen vom demjenigen lebenslang zu tragen sind, der aus ästhetischen Gründen beschnitten werden soll, und darüber hinaus auch seinem persönlichen Geschmack entsprechen müssen, kann eine rechtmäßige Entscheidung zur ästhetisch motivierten Zirkumzision nur vom zu Beschneidenden selber getroffen werden, wenn er aufgrund seines Alters und seiner geistigen Reife dazu in der Lage ist. In der Regel sollte dies mit erreichen der Volljährigkeit der Fall sein.

Moralische Gründe

Die Zirkumzision entfernt mit der Vorhaut rund 70 % des gefühlsempfindlichen Gewebes des Penis, was das sexuelle Empfindungsvermögen entsprechend stark verringert. Durch den Wegfall von rund 50 % der gesamten Haut des Penis verliert dieser die Reservehaut, die bei erigiertem Penis die Verschiebbarkeit und somit den Gleitlager-Effekt sicherstellt.

In der Vergangenheit wurde dieser Umstand genutzt, um Kindern die Masturbation zu erschweren, die man aus moralischen Gründen als verwerflich ansah und die als Ursache für verschiedene Krankheiten verdächtigt wurde. Näheres dazu im Kapitel "Geschichtlicher Hintergrund". Heute weiß man, dass Masturbation keine negativen gesundheitlichen Folgen hat, sondern sich durchaus positiv auf die sexuelle Entwicklung des Heranwachsenden auswirken kann. In Folge der Aufklärung wird das Thema Sexualität heute nicht mehr als Tabu angesehen und auch die Selbstbefriedigung wird als natürlicher Teil der menschlichen Sexualität, und nicht mehr als unmoralisch betrachtet. Eine Zirkumzision aus moralischen Gründen – die nur minderjährige Jungen beträfe – ist in der heutigen Zeit somit nicht mehr zu rechtfertigen.

Hygienische Gründe

Ein oft angeführter Grund, für eine Beschneidung ist die Annahme, es würden sich hieraus hygienische Vorteile ergeben. Man muss dieses Argument im Kontext der Umfeldes sehen, in dem der betroffene Mensch aufwächst. Dass schlechte hygienische Verhältnisse, insbesondere mangelnder Zugang zu sauberem Trinkwasser, ein ernstzunehmendes Problem darstellen, ist allgemein bekannt. Grade die Situationen in Katastrophengebieten oder Flüchtlingscamps in der sogenannten dritten Welt führen uns das immer wieder vor Augen.

In den westlichen Industrienationen besteht dieses Problem nicht. Die Möglichkeit zur täglichen Körperpflege ist gegeben und sie wird in diesen Ländern deshalb auch als Selbstverständlichkeit angesehen. Findet die Reinigung der Geschlechtsteile – und davon ist auszugehen – auf einer täglichen Basis statt, so können sich unter der Vorhaut auch keine Ansammlungen an Keimen bilden. Die Säuberung der Eichel und des Bereiches unter der Vorhaut ist simpel – man wäscht sie einfach mit, so wie auch die Zwischenräume der Zehen.

Bei kleinen Kindern, bei denen sich die Vorhaut noch nicht zurückziehen lässt, ist eine Reinigung nicht erforderlich, da die Membran, die Eichel und Vorhaut in diesem Entwicklungsstadium verbindet, eine Ansammlung von Keimen verhindert. Auch das so genannte "Ballooning", also das Aufblähen der Vorhaut beim Wasserlassen, stellt keinen Grund zu Besorgnis dar.

Die bei Kindern oft enge Öffnung der Vorhaut wirkt hier wie ein Einweg-Ventil, das sich öffnet, um dem Urin abfluss zu gestatten, und verhindert ansonsten das Eindringen von Keimen, z.B. aus der verschmutzten Windel. Solange das Kind normal Wasser lassen kann, funktioniert alles wie von der Natur vorgesehen.

Aber auch in Gebieten, in denen schlechtere hygienische Verhältnisse und eine mangelnde medizinische Versorgung herrschen, ist der Vorteil der leichteren Reinigung eines beschnittenen Penis kritisch zu betrachten. Zwar können sich auch bei länger ausbleibender Körperpflege keine Keime unter der Vorhaut ansammeln, dem gegenüber steht jedoch das Initialrisiko der Beschneidung selbst. Wird diese Operation ohne ausreichende Sterilität durchgeführt, so besteht ein hohes Risiko für Infektionen der Wunde. Dies gilt auch für die Behandlung von gängigen Komplikationen wie Nachblutungen.

Dem Vorteil der einfacheren Hygiene steht somit die Gefahr gegenüber, bei der Operation bereits schwerwiegende Infektionen – darunter auch HIV – zu begünstigen. In einigen Teilen Afrikas sterben jährlich dutzende Kinder eines Stammes an den Folgen ihrer Beschneidung.

Prophylaktische Gründe

Der Zirkumzision werden von einigen Seiten auch gesundheitlich vorbeugende Effekte zugeschrieben. Besonders in den USA halten sich diese Argumente seit über 100 Jahren, mit stetig wechselnden Krankheiten, denen eine Beschneidung vorbeugen soll. Anfangs waren es noch Krankheiten, für die man die Selbstbefriedigung als Auslöser zu kennen glaubte. Nach der Entdeckung von Bakterien und Viren änderten sich die Argumente, und es wurden nach und nach verschiedenste Krankheiten angeführt.

  • Phimose: Wie bereits oben erwähnt, ist die echte Phimose selten und auch ohne operative Eingriffe gut behandelbar. Nach einer Studie von Blalock et al. (2003)[1] kommt es bei 2,9 % der Beschnittenen zu einer postoperativen Phimose, bei der sich die Beschneidungsnarbe zusammenzieht. Bei unbeschnittenen Patienten beträgt die Häufigkeit lediglich 1 % (siehe Studie von Jakob Øster weiter oben). Somit scheidet eine Beschneidung als Phimose-Prophylaxe aus.
  • Geschlechtskrankheiten: Grade im Bereich der Übertragung von Geschlechtskrankheiten hat es im Laufe der Zeit mannigfaltige Studien gegeben.
  • Vorab muss hierzu gesagt werden, dass jede Form von Schutz gegenüber diesen Krankheiten nur Personen betrifft, die auch sexuell aktiv sind. Eine Beschneidung im Kindesalter ist hierdurch nicht zu rechtfertigen, da alle vermuteten Schutzeffekte erst in einem Alter zum Tragen kämen, in dem der Junge die Entscheidung zur Zirkumzision bereits selber treffen kann.
  • Die Vorhaut hält, wie oben bereits erwähnt, die Eichel feucht. Diese subpräputiale Feuchtigkeit enthält unter anderem das Enzym Lysozym, das die Zellwände von Bakterien zerstört und somit einen natürlichen antibakteriellen Schutzmantel bildet. Dies erklärt die Ergebnisse einiger Studien, so z.B. Laumann et al.[2], die bei bakteriellen Geschlechtskrankheiten eine höhere Infektionsrate unter beschnittenen Männern feststellte als unter unbeschnittenen.
  • Auch die Untersuchungen von Fleiss et al.[3] untermauern dies. Das generelle Sexualverhalten des Mannes – also Faktoren wie häufiger Partnerwechsel oder der Gebrauch von Kondomen – hat nach Ansicht der AAP einen erheblich bedeutenderen Einfluss auf sexuell übertragbare Krankheiten als der Beschneidungsstatus.[4]
  • HIV/AIDS: In jüngster Zeit wurde immer wieder das Argument vorgebracht, eine Beschneidung könne die Ausbreitung von HIV eindämmen.
    Hierzu vorab zwei Anmerkungen: Zum einen ist der Gebrauch von Kondomen nach wie vor der mit Abstand beste Schutz vor einer Ansteckung. Bei so geschütztem Geschlechtsverkehr spielt der Beschneidungsstatus keine Rolle mehr.
    Zum anderen beträfe der vermutete Schutz beim ungeschützten Verkehr nur gesunde Männer, die mit einer infizierten Frau verkehren. Ein infizierter Mann kann eine Frau durch Übertragung seiner Körperflüssigkeiten anstecken, wobei der Beschneidungsstatus keine Rolle spielt. Somit bleibt der Gebrauch von Kondomen für eine Eindämmung der Verbreitung von HIV unerlässlich, was eine Beschneidung wiederum unnötig macht.
  • Durch den unumgänglichen Verlust von Empfindungsfähigkeit in Folge einer Beschneidung ist zudem die Versuchung gegeben, auf Kondome zu verzichten, um nicht noch mehr Empfindung einzubüßen.[5][6][7]
  • Zwei Anfang 2007 veröffentlichte Studien[8][9], die die Wirksamkeit einer Beschneidung zur Vermeidung der Übertragung von HIV von infizierten Frauen auf heterosexuelle Männer in afrikanischen Hochrisikogebieten untersuchten, wurden mehrfach heftig kritisiert. Beide Studien wurden vorzeitig abgebrochen, was die Ergebnisse verzerrt. Die zum Zwecke der Studien beschnittenen Männer mussten während der Wundheilung einige Zeit auf Sex verzichten, was der unbeschnittenen Kontrollgruppe mehr relative Gelegenheit zu einer Ansteckung gab. Auch der Umstand, dass in den USA gleichzeitig die höchste Beschneidungsrate in der westlichen Welt und die höchste Infektionsrate mit HIV herrschen, lässt die Ergebnisse dieser Studien zweifelhaft erscheinen. Zahlreiche andere Studien kamen im übrigen zu dem Schluss, dass eine Beschneidung keinen signifikanten Unterschied beim HIV-Infektionsrisiko mit sich bringt.[10][11][12][13][14]
  • Harnwegsinfektionen (HTI): Eine HTI ist sehr wirkungsvoll mit eine Antibiotika-Therapie zu behandeln, dies wurde auch in Studien belegt[15][16]. Eine schwedische Studie[17] stellte fest, dass in den ersten sechs Lebensjahren die Häufigkeit von Harnwegsinfektionen bei Jungen 1,8 %, bei Mädchen hingegen 6,6 % beträgt. Harnwegsinfektionen nach dem ersten Lebensjahr sind bei Jungen selten. Mueller et al. [18] stellten keinen Unterschied in der Häufigkeit von HTI bei beschnittenen und unbeschnittenen Jungen mit normaler Harntraktanatomie fest.
  • Andere Studienergebnisse legen nahe, dass die Zirkumzision das ohnehin geringe Grundrisiko für Harntraktinfektionen eher erhöht denn verringert: So zeigten mehrere Studien aus Israel einen deutlichen Zusammenhang zwischen ritueller Beschneidung am 8. Tag und sofortiger Harntraktinfektion nach der Operation.[19][20][21]
  • Man kann also abschließend feststellen, das sich eine Zirkumzision nicht als vorbeugende Maßnahme gegen Harnwegsinfektionen eignet.
  • Penis- und Gebärmutterhalskrebs / HPV: Erste Untersuchungen zu diesen Krankheiten und ihrer vermeintlichen Vorbeugung mittels Zirkumzision stammen aus dem Jahre 1932, aus einer Zeit, als die Ursachen für diese Erkrankungen noch nicht vollständig bekannt waren [22]. Heute weiß man, dass der sexuell übertragbare humane Papillom-Virus (HPV) einen wesentlichen Risikofaktor darstellt[23], ebenso wie das Rauchen[24]. Studien ergaben keinen nennenswerten Unterschied beim Peniskrebsrisiko zwischen beschnittenen und unbeschnittenen Männern. Um eine einzige Erkrankung mit Peniskrebs zu verhindern, müsste man statistisch gesehen zwischen 600 und 900 Beschneidungen durchführen[25]. Auch der Einfluss einer Zirkumzision auf das Erkrankungsrisiko der Partnerin mit Gebärmutterhalskrebs wurde mehrfach widerlegt. Hier ist die HPV-Schutzimpfung eine wirksame Maßnahme.

Es bleibt festzustellen, dass eine Zirkumzision keine medizinisch belegten Vorteile bei der Gesundheitsvorsorge bietet.

Die Zirkumzision im Detail: Stile, Techniken und Gerätschaften

Bei der Beschneidung wird die Vorhaut des Penis ganz oder teilweise entfernt. Das genaue Ausmaß der entfernten Hautmenge und -art hängt vom Stil und der angewandten Technik, und somit auch von den verwendeten Gerätschaften ab.

Zirkumzision - die gängigen Stile

High & Tight / Hoch & Stramm[26]

Dieser Stil ist der in den USA am weitesten verbreitete. Es werden hierbei das äußere Vorhautblatt, Teile des inneren Vorhautblattes und Teile der Schafthaut entfernt.

Der verbleibende Rest des inneren Vorhautblattes wird zurückgezogen und mit der Schafthaut vernäht. Die Narbe befindet sich weit in Richtung des Körpers, daher die Bezeichnung High/Hoch.

Die vormals innen an der Eichel anliegende Hautfläche liegt nun außen, und bildet den für diesen Stil charakteristischen farblichen Absatz zwischen Eichel und Schafthaut.

Bei den strammen Stilen wird am meisten Haut entfernt. Sie schränken die Beweglichkeit der Penishaut im schlaffen Zustand bereits stark ein, beim erigierten Glied ist die Haut vollends gespannt und unbeweglich. Eine unzureichende Menge an Resthaut kann hier eine vollständige Erektion behindern und zu Spannungsschmerzen führen. Auch eine Schiefstellung des Penis durch ungleichmäßige Verteilung der verbliebenen Haut ist möglich, oft bedingt durch eine unsaubere Schnittführung oder ein schiefes Zusammenwachsen während der Wundheilung. Durch die starke Kürzung des inneren Vorhautblattes geht bei diesem Stil zudem viel sensitives Gewebe verloren.

Low & Tight / Niedrig & Stramm[27]

Bei diesem Stil werden sowohl das innere als auch das äußere Vorhautblatt komplett entfernt – die Schafthaut wird unterhalb des Eichelkranzes angenäht. Die Narbe liegt dicht an der Eichel, daher die Bezeichnung Low/Niedrig.

Dieser Stil ist der radikalste, denn er entfernt das gesamte sensitive Gewebe der Vorhaut. Wie auch beim High & Tight wird hier sehr viel Haut entfernt. Im schlaffen Zustand ist die verbleibende Resthaut kaum, im erigierten Zustand gar nicht mehr beweglich.

Eine unzureichende Menge an Resthaut kann auch hier eine vollständige Erektion behindern und zu Spannungsschmerzen und Schiefstellungen des Penis führen.

High & Loose / Hoch & Locker[28]

Das äußere Vorhautblatt wird komplett entfernt, ebenso ein Teil der Schafthaut. Das innere Blatt wird zurückgezogen und mit der Schafthaut vernäht. Die Narbe befindet sich in Richtung des Körpers, daher der Name High/Hoch. Im Gegensatz zum "High & Tight"-Stil wird das innere Blatt nicht so stark gekürzt und liegt in Falten hinter der Eichel.

Es steht noch genug Resthaut zu Verfügung, um eine vollständige und beschwerdefreie Erektion zu gewährleisten.Von allen Varianten wird bei dieser am wenigsten sensitives Gewebe entfernt.

Low & Loose / Niedrig & Locker[29]

Das innere Vorhautblatt wird entfernt, das äußere unterhalb der Eichel angenäht. Die Narbe befindet sich somit direkt hinter dem Eichelkranz, daher der Name "Low/Niedrig". Das äußere Vorhautblatt liegt in Falten hinter der Eichel. Es wird hierbei ausreichend Resthaut gelassen, um eine vollständige und spannungsfreie Erektion zu gewährleisten.

Da im Gegensatz zum "High & Loose"-Stil das innere und nicht das äußere Blatt entfernt wird, geht bei dieser Variante fast das gesamte sensitive Gewebe verloren.

Techniken und Gerätschaften

Es wurden im Laufe der Zeit eine Vielzahl unterschiedlicher Verfahren entwickelt, um die Vorhaut zu entfernen. Diverse Klemmen und Apparaturen sollen dem Beschneider die Arbeit erleichtern, optisch einheitliche Ergebnisse begünstigen oder Verletzungen der Eichel durch unsachgemäße Schnitte vorbeugen. Hier einige der verbreitetsten Varianten:

Freihand-Techniken

Die ältesten Methoden, die Vorhaut zu entfernen, bedienen sich nur weniger Werkzeuge. Im einfachsten Fall wird die Vorhaut mit einer Schnur in die Länge gezogen, ein Messer direkt vor der Eichel platziert, und die Haut dann mit einem Schlag auf den Messerrücken durchtrennt. Ein Vernähen findet nicht statt, die Haut wächst unkontrolliert zusammen.

Unter modernen OP-Bedingungen wird die Vorhaut zuerst mit Klammern gefasst und gezogen, und oberhalb der Eichel einige Zeit abgeklemmt, um starke Blutungen zu vermeiden. Dann wird entlang der Klemme mit einem Skalpell geschnitten. Im Anschluss wird die verbliebene Haut ggf. noch dem gewünschten Stil entsprechend gekürzt und abschließend vernäht.[30]

Auch völlig freihändige Varianten sind üblich. Die Penishaut wird hierbei zuerst an zwei Stellen rundum eingeschnitten, je einmal im Bereich der Schaft- und der Vorhaut. Danach wird der Hautbereich zwischen den Einschnitten entfernt und die Resthaut vernäht.

Ebenfalls zu den Freihand-Techniken zählen die verschiedenen Schild-Varianten.

 
jüdische Klemme

Bei der rituellen jüdischen Beschneidung wird die Vorhaut in den Schlitz des Schildes (Links) geschoben und oberhalb des Schildes abgeschnitten.

 
Mogen-Klemme

Ähnlich funktioniert die Mogen-Klemme (Mitte), die jedoch nach dem Einführen der Vorhaut verriegelt wird und sie so abklemmt. Nach einigen Minuten wird die Vorhaut dann wie beim einfachen Schild abgetrennt. Durch das Abklemmen soll ein Bluten der Wunde reduziert bzw. verhindert werden.

 
Sheldon-Klemme

Auch die Sheldon-Klemme (Rechts) arbeitet nach einem ähnlichen Prinzip. Der innere Greifer fasst die Vorhautspitze, und zieht sie während des Schließvorgangs in die Klemme. Der äußere Greifer klemmt die Vorhaut ab. Mit einem Skalpell wird, nach einigen Minuten des Abklemmens, die Vorhaut zwischen den beiden Greifern durchtrennt.

Die Nutzung eines Schildes soll die Eichel besser vor Schnittverletzungen schützen als eine einfache chirurgische Klemme, jedoch kann bei unsachgemäßer Anwendung sowohl bei der Mogen- als auch bei den Sheldon-Klemme die Eichelspitze versehentlich mit eingeklemmt und ein- oder abgeschnitten werden.

Komplexe Klemmen

 
Gomco-Klemme

Eine der verbreitetsten Klemmen in den USA ist die Gomco-Klemme. Zuerst wird die Vorhaut eingeschnitten, dann die Metallglocke über die Eichel gestülpt. Anschließend wird die Glocke mitsamt der Vorhaut durch die Öffnung in der Bodenplatte der Klemme geschoben und in den Hebel eingehängt. Durch Anziehen der Schraube zieht der Hebel die Glocke nach oben. Die Vorhaut wird zwischen Glocke und Klemme abgeklemmt. Nach einigen Minuten wird dann die Haut oberhalb der Bodenplatte mit einem Skalpell abgetrennt und die Klemme entfernt.

 
Plastibell-Methode

Bei der Plastibell-Methode wird zuerst die Vorhaut eingeschnitten, dann ein Plastikring über die Eichel gestülpt und die Vorhaut über diese hinweggezogen. Mit einem Faden wird die Vorhaut an einer Kerbe des Rings befestigt und so abgebunden. Das Gewebe jenseits des Fadens wird nun abgeschnitten und der Haltegriff abgebrochen.

Das abgebundene Gewebe stirbt in den folgenden Tagen ab, und der Ring fällt von selbst ab. Da diese Art der Beschneidung nicht bis zum Ende unter ärztlicher Überwachung stattfindet, kann im Falle auftretender Schwellungen unter Umständen nicht sofort eingegriffen werden, zudem besteht das Risiko, dass der Ring durch äußere Einwirkungen zu früh entfernt wird und die noch nicht ausreichend verheilte Wunde an den Rändern aufplatzt. In diesem Falle muss nachträglich genäht werden.

 
Smartclamp

Die Smartclamp und einige andere, ähnliche Designs sind Einweg-Klemmen, die eine Mischung aus Gomco- und Plastibell-Methode darstellen. Die Eichel wird in die Plastikröhre eingeführt, die Vorhaut darüber gezogen. Die Bodenplatte des äußeren Spannmechanismus wird dann über die Vorhaut geschoben und arretiert, was die Haut zwischen dem wulstigen unteren Rand der Röhre und der Bodenplatte einklemmt. Die Vorhaut wird nun oberhalb der Bodenplatte mit einem Skalpell durchtrennt. Die Klemme verbleibt am Penis, bis sie — ähnlich der Plastibell— nach dem Absterben der eingeklemmten Haut in einigen Tagen von selber abfällt.

All diesen Methoden ist gemein, dass die Vorhaut von der Eichel abgelöst sein muss. Im Falle einer Kindesbeschneidung ist es deshalb in den meisten (siehe Tabelle oben) Fällen erforderlich, zunächst die Balanopräputiale Membran, die Vorhaut und Eichel miteinander "verklebt", durch gewaltsames Zurückziehen der Vorhaut oder Ablösung mittels eines unter die Vorhaut geschobenen stumpfen Instrumentes zu zerstören, was Verletzungen und Entzündungen der Eichel zur Folge haben kann.

Risiken und Spätfolgen

Die Zirkumzision ist, wie auch eine Mandel- oder Blinddarmoperation, ein chirurgischer Eingriff und bringt die üblichen Risiken einer OP mit sich, zusätzlich zum Risiko einiger spezifischer Komplikationen und Spätfolgen.

Mögliche operative und postoperative Komplikationen

  • Unverträglichkeiten oder allergische Reaktionen auf die verwendeten Narkotika.
  • Insbesondere bei Säuglingen ist aufgrund des noch nicht voll entwickelten körpereigenen Schmerzunterdrückungssystems eine Lokalanästhesie für diesen Eingriff nicht ausreichend wirksam. Auch in Verbindung mit einer Leitungsanästhesie des Nervus dorsalis penis gelingt es selbst erfahrenen Anästhesisten in 5-10 % der Fälle nicht, eine ausreichende Betäubung zu gewährleisten. Die bei Säuglingen erforderliche Vollnarkose ist in diesem Alter jedoch mit erheblichen Risiken behaftet und wird üblicherweise nur in dringenden Fällen angewendet. Ein operativer Eingriff ohne ausreichende Schmerzunterdrückung kann zur Ausbildung eines spezifischen Schmerzgedächtnisses führen.[31] Bei nicht oder nur unzureichend betäubten Säuglingen konnte noch Monate nach der Beschneidung eine erhöhte Ausschüttung der Stresshormons Cortisol gemessen werden. Insgesamt ist ihre Schmerzschwelle niedriger und die Gefahr chronischer Schmerzen höher. Ungeachtet dieser Erkenntnisse ist die betäubungslose bzw. unzureichend betäubte Beschneidung von Säuglingen jedoch nach wie vor gängige Praxis.[32][33][34] Bei Anwendung von Techniken, die mehrere Minuten dauern, fallen die Kinder dann oft in eine Starre, was früher als friedliches Einschlafen fehlinterpretiert wurde und den Glauben nährte, Babys würden keine Schmerzen empfinden. Messungen ergaben in solchen Fällen einen i.d.R. 3- bis 4-fach erhöhten Cortisolwert, was einem schweren Schockzustand entspricht.[35]
  • Postoperative Wundschmerzen, bei Kindesbeschneidungen unter Umständen noch verstärkt durch die gewaltsame Lösung der präputialen Verklebungen.
  • Nachblutungen im Bereich der Operationswunde. Grade bei ganz jungen Säuglingen können diese, wenn sie nicht rechtzeitig behandelt werden, schwerwiegende Folgen haben. Sie verfügen nur über ca. 85 ml Blut pro Kilo Körpergewicht. Schon ein geringer Blutverlust kann zu Hypovolämie, hypovolämischem Schock und sogar zum Tode führen.[36][37][38][39]
  • Postoperative Infektionen. Diese schließen sowohl lokale Infektionen ein, die mit örtlicher Therapie behandelt werden können, als auch systemische Infektionen, die eine systemische Antibiose erforderlich machen.[40]
  • Wunddehiszenz, also das Auseinanderweichen benachbarter Wundränder bzw. Gewebestrukturen einer Wunde nach erfolgter Naht.
  • Verwachsungen der Eicheloberfläche oder des Eichelkranzes mit der umliegenden Penishaut, bei denen Hautbrücken oder -taschen entstehen oder optisch unbefriedigende Ergebnisse wie unsaubere Nähte, die eine Nachbeschneidung erforderlich machen.
  • Postoperative Phimose. Bei der Narbenbildung kann ein phimotischer Ring entstehen, der eine Nachbeschneidung erforderlich macht. Nach Blalock et al.[41] liegt die Häufigkeit bei 2,9 %, nach einer Studie von Leitch[42] bei 5,5 %.
  • Meatusstenose, eine krankhafte Verengung der Harnröhrenöffnung, die überwiegend bei Säuglingen und Kleinkindern auftritt. Sie stellt eine der häufigsten Komplikationen infolge der Säuglingsbeschneidung dar. Eine Studie aus dem Jahr 2006 fand Meatusstenosen ausschließlich bei vorher beschnittenen Jungen. Die Inzidenzraten nach einer Beschneidung liegen um die 10 %.[43][44][45]
  • Knotenbildung der Venen. Wird die dorsale Vene, die in der Spitze der Vorhaut beginnt, bei der Beschneidung durchtrennt, ohne dass diese vorher gesondert abgeklemmt und am Stumpf vernäht wurde, so verästelt sie sich mit der Zeit neu, was zu Knotenbildungen führen kann.
  • Mögliche Fehlbildungen infolge der Beschneidung sind die Penishypoplasie (ein Schrumpfpenis) oder eine Induratio Penis plastica (Penisschiefstellung).
  • Ärztliche Behandlungsfehler können ebenfalls nicht immer ausgeschlossen werden. Verletzungen, teilweise oder vollständige Abtrennung der Eichel oder des Penis können vorkommen.
  • In seltenen Fällen können auch Nekrosen, Gangrän, Ischämie, Keloidbildung und Zirkulationsprobleme auftreten.
  • Wird nach der Beschneidung eines Säuglings das ultra-orthodoxe jüdische Ritual Metzitzah B'peh ausgeführt (also das Absaugen von Blut aus der Wunde mit dem Mund), so besteht ein Risiko für eine Infektion mit Herpes simplex Typ 1, die zu Hirnschäden oder Tod führen kann.[46]

Körperliche Spätfolgen

  • Eine unvermeidliche Spätfolge jeder Beschneidung ist der dauerhafte Verlust von sexuellem Empfindungsvermögen. Dies ist zum einen auf das Entfernen sensorischen Gewebes zurückzuführen. Die Vorhaut enthält sehr viele Nervenenden und Tastkörperchen, die für den Großteil der sexuellen Empfindung des Mannes verantwortlich sind. Wird die Vorhaut entfernt, stehen sie nicht mehr zur Erzeugung sexueller Stimulation zur Verfügung. Zum anderen reagiert die Eicheloberfläche auf den nach einer Zirkumzision fehlenden Schutz vor Reibung und Austrocknung mit dem Bilden einer Hornhaut. Dadurch sinkt die Empfindungsfähigkeit der verbliebenen Nerven in der Eichel über die Jahre immer weiter ab. Die Studie von Sorrells et.al.[47] wies eine deutliche Reduktion der Berührungsempfindlichkeit beschnittener gegenüber intakten Penissen bei erwachsenen Männern nach. Andere Studien ergaben, das beschnittene Männer deutlich seltener Kondomen benutzen als unbeschnittene, da diese die sexuelle Empfindung noch weiter einschränken (s.o.).
  • Spannungsschmerzen können auftreten, wenn zu wenig Reservehaut gelassen wurde, um eine vollständige Erektion zu ermöglichen.[48] Dieses Risiko ist auch von der Anatomie des Penis abhängig, denn während einige Penisse bereits im schlaffen Zustand einen Großteil ihrer endgültigen Länge ausweisen (Fleischpenis), sind andere im schlaffen Zustand recht kurz und wachsen bei einer Erektion auf die doppelte Länge oder mehr an (Blutpenis). Grade bei Kindesbeschneidungen, wenn der Penis noch nicht ausgewachsen ist, lässt sich das nötige Maß an Reservehaut im Erwachsenenalter nicht abschätzen.
  • Erektile Dysfunktion. Sowohl die Schädigung der Blutgefäße in der Vorhaut als auch das verminderte Lustempfinden können Gründe für eine verminderte Erektionsfähigkeit mit zunehmendem Alter sein.[49]
  • Orgasmusprobleme. In Folge des verminderten Lustempfindens, bedingt durch den Verlust sensorischen Gewebes und Verhornung der Eicheloberfläche, kann es mit zunehmendem Alter zu Orgasmusproblemen kommen. Hierbei reicht die beim Geschlechtsverkehr oder der Masturbation erzeugte Erregung nicht mehr aus, um zum Orgasmus zu kommen. Eine Vorstufe dieser Spätfolge ist die verlängerte Zeit, die der Mann zum Erreichen des Orgasmus benötigt. Dies wird oft als das Argument "Beschnittene können länger" für eine Beschneidung genannt.
  • Vaginale Trockenheit. Durch den Verlust des natürlichen Gleitlagereffektes, der durch die Verschiebbarkeit der Vor- und Schafthaut entsteht, tritt beim Geschlechtsverkehr eine deutlich höhere Reibung zwischen Penis und Vagina auf. Dies kann den Verkehr für beide Partner schmerzhaft werden lassen und zu Hautaufschürfungen führen.[50][51] Auch die verlängerte Zeit, die beschnittene Männer brauchen, zum Orgasmus zu kommen, und die oftmals — im Vergleich zu unbeschnittenen Männern — längeren und härteren Stoßbewegungen spielen hier eine Rolle.[52][53]

Psychische Spätfolgen

Auch psychische Spätfolgen können nach einer Zirkumzision auftreten, vor allem, wenn die Operation im Kindesalter vorgenommen wurde. Hierbei können verschiedene Traumata vorkommen, die unter anderem vom Alter und den Umständen der Beschneidung abhängen. So spielt es zum Beispiel eine Rolle, ob die Beschneidung mit oder ohne Betäubung vorgenommen wurde, ob der Betroffene vorher über den Eingriff informiert wurde, er gegen seinen Willen bzw. ohne seine Zustimmung beschnitten wurde oder auch, ob er — sofern er als Säugling beschnitten wurde — im Kindesalter darüber aufgeklärt wurde oder es zufällig selber herausfand.

Die psychischen Folgen der Zirkumzision sind noch nicht umfassend erforscht, und viele Studien wurden nur im kleinen Rahmen durchgeführt. Hier besteht Nachholbedarf, denn die verfügbaren Studien und nicht zuletzt auch die Berichte negativ Betroffener deuten auf hin, dass sie erheblich schwerer wiegen können als bisher angenommen.

  • Bei Säuglingen konnte nach einer betäubungslosen Zirkumzision eine schlechtere Bindung zur Mutter beobachtet werden[54], sowie Probleme beim Stillen, die bis zur Weigerung, sich füttern zu lassen, reichten. Auch das Schlafverhalten war bei den Babys gestört, sie wiesen einen verlängerten Non-REM Schlaf und erhöhte Wachheit auf.
  • Bei Jungen, die im Kindesalter beschnitten wurden, konnten nach der Operation posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) nachgewiesen werden. So erfüllten in einer Studie an philippinischen Jungen, an denen vor ihrer Zirkumzision keine PTBS nachgewiesen werden konnte, 69 % der nach traditionellem Ritual und 51 % der nach medizinischen Standards (mit Betäubung) beschnittenen Jungen die DSM-IV-Kriterien für eine PTBS.[55]
  • Beschneidungen, insbesondere solche, die unter Zwang erfolgten, können Gefühle der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins auslösen, die als Trauma bestehen bleiben. Diese Gefühle können auch später noch entstehen, wenn ein als Säugling Beschnittener sich seiner Beschneidung bewusst wird. In einer Online-Studie gaben Befragte an, sich in Bezug auf mangelnden Schutz verraten zu fühlen — 55 % von der Mutter, 50 % vom Vater, und 58 % vom Arzt. 73 % fühlten sich in ihren Menschenrechten verletzt.[56]
  • Häufig zu beobachten sind Leugnungen des Verlustes, wie sie auch beim Verlust anderer Körperteile auftreten. Diese Verleugnung kann dazu führen, das Väter eine Beschneidung ihres Sohnes befürworten, um nicht an ihren eigenen Verlust erinnert zu werden. Der eigene Körper wird dabei als "normal" definiert und die Vorhaut zum Fremdkörper umgedeutet. Die eigenen Eltern werden als "gut" empfunden, deshalb wird dieses Bild auch auf die von den Eltern veranlasste Zirkumzision projiziert, damit diese Empfindung erhalten bleiben kann. Um später selber ein "guter" Vater zu sein, also dem Idealbild der eigenen Eltern zu folgen, wird dann der als "gute Sache" umgedeutete Verlust der Vorhaut an den Sohn weitergegeben, indem man auch ihn beschneiden lässt.[57][58]
  • Fühlt sich der Beschnittene unvollständig oder durch die fehlende Vorhaut anderen, intakten Männern gegenüber benachteiligt, können Minderwertigkeitskomplexe und Depressionen auftreten. Dies kann sowohl mit bewusstem Erkennen der eigenen Unvollständigkeit einhergehen wie auch rein unterbewusst.[59] In einer Online-Studie gaben 75 % der Befragten an, sich unvollständig zu fühlen, 66 % fühlten sich gegenüber Unbeschnittenen minderwertig.[60]
  • Auch Fälle, in denen sich die Kinder misshandelt oder bestraft fühlten, sind dokumentiert. So kam G. Cansever in ihrer Studie an 12 Jungen zwischen 4 und 7 Jahren, die auf ihre Beschneidung vorbereitet waren, zu dem Ergebnis, dass die Kinder sie als aggressiven Angriff auf ihren Körper wahrnahmen.[61]
  • Angst vor dem Alleinsein oder Dunkelheit.[62]
  • Angst vor Ärzten, Krankenhäusern und auch geschlossenen Räumen.[63]
  • Rückfall in die Phase den Bettnässens, auch wenn das Kind bereits trocken war.[64]

Geschichtlicher Hintergrund

Die Amputation der Penisvorhaut ist ein sehr alter Ritus, dessen genauer Ursprung nicht mehr zweifelsfrei nachzuweisen ist. Medizinhistoriker vermuten, dass die Zirkumzision bereits im Altertum dazu dienen sollte, das Geschlechtsleben von Sklaven und Angehörigen der Unterschicht zu kontrollieren, ohne die Fortpflanzungsfähigkeit zu beeinträchtigen. In der religiösen Geschichte kann die Zirkumzision als eine Ersatzhandlung für das Menschenopfer betrachtet werden. So war es in vorgeschichtlicher Zeit nicht unüblich, Götter mit Hilfe von Menschenopfern milde zu stimmen. Auch die Kastration von Sklaven oder unterworfenen Feinden war üblich. In Folge religiöser Umbrüche wurde dieses Opfer abgewandelt, und es wurde nur noch ein Teil desjenigen Organs geopfert, das für die Erzeugung neuen Lebens zuständig ist.

Bei den Aborigines, den australischen Ureinwohnern, soll die Tradition der Zirkumzision bis ins Jahr 10000 vor unserer Zeitrechnung zurückreichen. Auf dem afrikanischen Kontinent werden erste Zirkumzisionen im Bereich des Jahres 6000 v. Chr. vermutet. Aus dem antiken Ägypten existieren Hinweise auf verschiedene Formen der Zirkumzision aus der Zeit um 3000–2000 v. Chr. Die älteste bekannte Darstellung ist ein ägyptisches Grabrelief aus der 6. Dynastie, ca. 2300–2000 v. Chr. Es ist nicht zweifelsfrei bekannt, aus welchem Grund und welche Männer damals beschnitten wurden. In vielen Kulturen gilt die Zirkumzision in der Pubertät als Initiationsritus, der den Heranwachsenden in die Gemeinschaft einführt. Wie auch bei anderen schmerzhaften oder demütigenden Initiationsriten stehen hier der Beweis von Mut und die Bewältigung von Krisensituationen im Vordergrund. Auch die Amputation der Vorhaut als Entfernung des angeborenen Stückes Weiblichkeit vom männlichen Körper, wodurch der Knabe zum Mann wird, ist bei einigen afrikanischen Stämmen bekannt.

In der jüdischen Religion geht die Tradition der Zirkumzision auf eine Passage im Buch Genesis zurück (17, 10-14). Sie wird als ein Bund mit Gott angesehen, der auf den Stammvater Abraham zurückgeht.

Das aber ist mein Bund, den ihr halten sollt zwischen mir und euch und deinem Geschlecht nach dir: Alles, was männlich ist unter euch, soll beschnitten werden; eure Vorhaut sollt ihr beschneiden. Das soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und euch. Jedes Knäblein, wenn’s acht Tage alt ist, sollt ihr beschneiden bei euren Nachkommen. [...] Wenn aber ein Männlicher nicht beschnitten wird an seiner Vorhaut, wird er ausgerottet werden aus seinem Volk, weil er meinen Bund gebrochen hat.
Bibel (Gen 17,10–14 LUT)

Nach Ansicht des Anthropologen und Soziologen Nissan Rubin enthielt die jüdische Form der Zirkumzision, Brit Mila genannt, in den ersten beiden Jahrtausenden noch nicht die später übliche Periah, also das restlose Abschaben des inneren Vorhautblattes von der Eichel. Dieses sei erst in der Zeit um 135 n. Chr. eingeführt worden, um die im Zuge hellenistischen Einflusses häufigen Wiederherstellungen der Vorhaut durch Strecken unmöglich zu machen. Während ursprünglich nur das vordere Ende der Vorhaut abgeschnitten wurde, wird bei der Periah die gesamte Vorhaut entfernt. In der griechischen Gesellschaft galt seinerzeit eine entblößte Eichel als obszön und lächerlich. In ultra-orthodoxen Gemeinden wird nach Abschluss der Zirkumzision vom Mohel, den rituellen Beschneider, mit dem Mund Blut aus der Wunde gesaugt. Diese Praxis ist höchst umstritten, da es dabei zu Infektionen mit Herpes simplex Typ 1 kommen kann. In New York City wurden zwischen 2000 und 2011 elf Kinder mit Herpes infiziert — zehn davon mussten im Krankenhaus behandelt werden. Zwei von ihnen erlitten bleibende Hirnschäden, zwei weitere starben. Der jüdische Philosoph und Arzt Maimonides betonte im 12. Jahrhundert die Notwendigkeit der Zirkumzision, da sie die sexuellen Triebe dämpfe und die Lust auf das zur reinen Fortpflanzung erforderliche Maß senke.

Im Islam ist die Zirkumzision ebenfalls religiös begründet, auch wenn hierzu keine Erwähnung im Koran selber existiert. Der Überlieferung zufolge wurde der Prophet Mohammed ohne Vorhaut geboren. Es gilt als Zeichen des Prophetentums, dass die Propheten bereits ohne Vorhaut geboren werden. Es gilt als Ehre, "dem Vorbild der Propheten zu entsprechen", also beschnitten zu sein. Im Islam gibt es, anders als im Judentum, kein festgelegtes Alter, in dem die Zirkumzision durchgeführt werden soll. Eine Vielzahl von Zirkumzisionen findet im Alter zwischen 6 und 10 Jahren statt, aber die Spanne reicht von der Geburt bis zum Erwachsenenalter.

Im Christentum ist eine Zirkumzision nur in einigen wenigen orthodoxen Kirchen üblich. Dennoch hatten christliche Moralvorstellungen entscheidenden Einfluss auf die Verbreitung dieser Praxis. In den puritanisch geprägten USA wurde die Kindesbeschneidung im 19. Jahrhundert als Mittel gegen die Masturbation populär. Damals galt die sogenannte "Selbstbefleckung" nicht nur als moralisch verwerflich – ihr wurde auch die Urheberschaft verschiedenster Krankheiten angelastet. Auch das bloße Vorhandensein einer Vorhaut wurde mit vielen Krankheiten in Verbindung gebracht. Unter ihnen fanden sich Syphilis, Epilepsie, Rückgratslähmung, Bettnässen, Rückratsverkrümmung, Blasenlähmung, Klumpfuß, Nervenschmerzen im Unterbauch, Tuberkulose und Schielen. Einer der bekanntesten Befürworter der Kindeszirkumzision ist John Harvey Kellogg, Miterfinder der gleichnamigen Corn Flakes. Er schrieb 1888:

Ein Mittel gegen Masturbation, welches bei kleinen Jungen fast immer erfolgreich ist, ist die Beschneidung. Die Operation sollte von einem Arzt ohne Betäubung durchgeführt werden, weil der kurze Schmerz einen heilsamen Effekt hat, besonders, wenn er mit Gedanken an Strafe in Verbindung gebracht wird. Bei Mädchen, so hat der Autor herausgefunden, ist die Behandlung der Klitoris mit unverdünnter Karbolsäure (Phenol) hervorragend geeignet, die unnatürliche Erregung zu mindern.
John Harvey Kellogg[65]

Nach der Entdeckung von Bakterien als Auslöser vieler Krankheiten – wie zum Beispiel der Tuberkulose – suchte man nach anderen Krankheiten, denen man mit einer Zirkumzision vorbeugen könne.

In den 1920er Jahren war dies der Peniskrebs[66], in den 1940ern Prostata- und Zungenkrebs sowie Geschlechtskrankheiten[67], in den 1950ern Gebärmutterhalskrebs[68], in den späten 1960ern Nervosität[69], in den 1970ern Blasen- und Rektumkrebs[70], in den 1980ern folgten dann Harntraktinfektionen[71] und AIDS[72]. Rückblickend betrachtet wurde eine Zirkumzision immer als Heilmittel für eben die Krankheiten angepriesen, die grade im Licht der Öffentlichkeit standen.

Die schiere Menge an Studien und Veröffentlichungen, die im Laufe von fast 180 Jahren zu diesem Thema erschienen, sind der Grund dafür, dass sich auch mehrfach widerlegte Argumente für eine Zirkumzision, insbesondere für eine im Säuglings- und Kindesalter, bis heute hartnäckig halten.

Ein immer wiederkehrendes Element bei Initiationsriten unterschiedlichster Kulturen ist die Fixierung auf die Geschlechtsteile.

Hier spiegelt sich die enorme Faszination für die Fähigkeit, neues Leben zu erschaffen, wieder. Die Fruchtbarkeit gilt in den meisten Kulturen als wichtigstes Gut, und die daran beteiligten Körperteile rücken immer wieder in den Fokus kultischer Handlungen. Vielerorts finden diese Rituale zu einem Zeitpunkt statt, an dem die Jungen die Pubertät erreichen, und sollen den Übergang vom Kind zum Mann symbolisieren. Die Entfernung der männlichen Vorhaut ist nur eines der vielen Phänomene, die sich in diesem Zusammenhang entwickelt haben. Diese reichen bei Jungen und Männern von der Durchtrennung des Frenulums über die teilweise und vollständige Entfernung der Vorhaut bis hin zu radikalen Operationen. Bei den australischen Aborigines wird, wie oben erwähnt, die Vorhaut entfernt. Zudem ist es üblich, einige Wochen nach der Zirkumzision den jungen Männern den Penis aufzuschlitzen, was eine teilweise bis vollständige Spaltung der Harnröhre bewirkt.

Ein ebenfalls bekannter, besonders massiver Eingriff ist das Abschälen der gesamten Penishaut. In Indonesien werden Jungen zu Beginn der Pubertät kleine Bambus- oder Metallkugeln in den Penisschaft oder die Eichel eingesetzt, die dann "Höcker" bilden.

Bei vielen Völkern ist es auch üblich, derartige Rituale an Mädchen durchzuführen. Dies kann von verhältnismäßig kleinen Eingriffen wie dem Durchstechen oder Einritzen der Klitorisvorhaut über ihre komplette Entfernung bis hin zu einer radikalen Entfernung von Klitorisvorhaut, Klitoris, inneren und äußeren Schamlippen und einem abschließenden Zunähen der Vagina reichen.

Recht und Ethik

Die Rechtslage zu Genitalverstümmelung wird in einem separaten Artikel behandelt.

Rechtliche und ethische Fragen

Angesichts der Schwere des Eingriffs in den Körper des zu Beschneidenden stellt sich die Frage, ob es nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch vertretbar ist, die Entscheidung über eine nicht-therapeutische Operation bei nicht einsichts- und urteilsfähigen Kindern alleine den Eltern zu überlassen. Hierbei spielen in Deutschland mehrere Grundrechte eine Rolle:

  • das Recht auf körperliche Unversehrtheit
  • das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung
  • das Recht auf Gleichbehandlung der Geschlechter (sofern eine Beschneidung an Mädchen illegal ist)
  • das Recht auf Freiheit der Religion (sofern die Zirkumzision religiöse Motive hat)

Diese vier Grundrechte sind sowohl in der rechtlichen, als auch in der ethischen Fragestellung relevant.

Beginnen wir mit dem offensichtlichsten Eingriff — den in die körperliche Unversehrtheit. Im deutschen Recht genießen Kinder weitreichenden Schutz, der das Erziehungsrecht der Eltern und die Befugnisse von mit der Erziehung beauftragten Dritten (z.B. Kindergartenpersonal und Lehrkräfte) beschränkt. So sind Erziehungsmaßnahmen untersagt, die körperlichen oder psychischen Schaden zur Folge haben können. Dies ist nicht nur die früher in Familien, Schulen und auch Ausbildungsbetrieben übliche Prügelstrafe, welche (teils erhebliche) direkte körperliche Verletzungen zur Folge haben kann. Auch ein leichter, körperlich unbedenklicher Klaps auf den Po ist hiervon erfasst. Er fällt in den Bereich entwürdigender Maßnahmen. Man geht davon aus, dass nicht nur die unmittelbare Verletzung das Kind schädigt, sondern auch das Gefühl der Macht- und Hilflosigkeit, des Ausgeliefertseins im Moment der Bestrafung durch Bezugspersonen. Dies gilt ebenso für andere Praktiken, die die Würde des Kindes verletzen – so zum Beispiel der Zwang, seine Kleidung öffentlich vor der Kindergartengruppe wechseln zu müssen, wenn man sich in die Hose gemacht hat.

Wenn man nun die im Abschnitt "Risiken und Spätfolgen" aufgezählten möglichen körperlichen und psychischen Direkt- und Spätfolgen einer Kindesbeschneidung betrachtet, so fällt die Unverhältnismäßigkeit ins Auge. Ein Klaps auf den Po ist bereits verboten, die irreversible Amputation eines wichtigen, gesunden Teils des Geschlechtsapparates hingegen nicht. Hier werden die unvermeidlichen und möglichen Folgen dieser Operation in einem Maße außer Acht gelassen, das im krassen Gegensatz zum etablierten Kinderschutz steht. Eine Legalisierung stellt somit eine deutliche Einschränkung des Rechts des männlichen Kindes auf körperliche Unversehrtheit und Schutz vor potentiell schädlichen Erziehungsmethoden dar.

Auch ethisch offenbaren sich hier Probleme. Kann man einem Kind zumuten, nicht selber über das Erscheinungsbild und den Funktionsumfang seines Körpers entscheiden zu dürfen? Sollte der beschnittene Junge im späteren Leben zu der Ansicht kommen, ein intakter Penis wäre ihm lieber, so hat er keine Möglichkeit, die gegenteilige Entscheidung der Eltern rückgängig zu machen. Es wird ihm die Vorstellung anderer, wie sein Körper auszusehen und zu funktionieren hat, unwiderruflich aufgezwungen. Die Möglichkeit, selber nach seinem persönlichen Befinden darüber zu entscheiden, wird ihm vorenthalten, was zu Minderwertigkeitskomplexen und Depressionen führen kann – ungeachtet der Motivation der Eltern oder ihrer Vorstellung, was für ihr Kind das Beste sei. Eine so gravierende Bevormundung bezüglich eines so schweren Eingriffs, noch dazu im intimsten Bereich des Kindes, ist mit dem elterlichen Willen nicht zu rechtfertigen.

Beim Recht auf sexuelle Selbstbestimmung sieht es sehr ähnlich aus. Auch hier spielen die Folgen, die eine Zirkumzision auf den Körper hat und haben kann, eine zentrale Rolle. Ein Mann hat normalerweise die freie Wahl, wie er seine Sexualität erleben will. Es obliegt ihm alleine, zu entscheiden, wie er stimuliert werden möchte, und er kann — sollte er das wünschen — sein sexuelles Erleben auch ohne weiteres einschränken. Einem beschnittenen Mann eröffnen sich diese Möglichkeiten nicht. Sein sexuelles Erleben und Fühlen ist durch die körperliche Veränderung nicht mehr in vollem Umfang möglich.

Ein intakter Penis ermöglicht es vielen Männern, alleine durch Stimulation der Vorhaut zum Orgasmus zu kommen. Der Mann kann, wenn er sich selbst befriedigt, wählen, ob er die Eichel direkt oder indirekt durch die Bewegung der Vorhaut stimuliert. Da er über das volle von der Natur vorgegebene Gefühlspotential verfügt, kann er es nach seinen eigenen Vorstellungen nutzen. Der beschnittene Mann hat diese Wahlfreiheit indes nicht. Ihm steht weder die Möglichkeit offen, seine Vorhaut in die Stimulation einzubeziehen, noch kann er auf ihre gefühlsempfindlichen Nervenenden und Tastkörperchen zurückgreifen. Auch verfügt er, je nach Menge und Art der entfernten Hautbereiche und Fortschritt der Eichelverhornung, nur über 15–50 % des Empfindungspotentials eines intakten Mannes. In einigen Fällen können die Einschränkungen auch noch deutlicher sein. So können Kondome bei einem stark desensibilisierten Penis die sexuelle Empfindung so weit reduzieren, dass nicht mehr genug Stimulation für einen Orgasmus erreicht wird — was bedeutet, dass erfüllender Safer Sex nicht möglich ist.

Besonders bei strammen Beschneidungsstilen besteht die Gefahr, dass der Verlust des reibungsmindernden Gleitlagereffektes bei beiden Partnern zu unangenehmen Gefühlen bis hin zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr führt. Auch kann die Fähigkeit, sich ohne Hilfsmittel – wie zum Beispiel Gleitmittel – selbst zu befriedigen in einem solchen Fall stark eingeschränkt werden oder gar ganz verloren gehen. In einer Studie[73] gaben 63 % der befragten Männer an, nach ihrer Beschneidung Probleme mit der Masturbation zu haben. Wird also ein Junge oder Mann beschnitten, ohne dies nach gründlicher Überlegung und in Kenntnis und Verständnis aller möglichen Folgen selber entschieden zu haben, so nimmt man ihm die grundrechtlich garantierte Freiheit, seine Sexualität nach eigenen Wünschen zu erleben. Dies ist durchaus vergleichbar mit einem elterlichen Einschreiten, um ein Selbstbefriedigungsverbot durchzusetzen, oder um eine homosexuelle Beziehung zu verhindern – mit dem Unterschied, dass der elterliche Eingriff in Form der Zirkumzision im Gegensatz zu Verboten in der Kindheit bis zum Lebensende unwiderruflich bestehen bleibt. Beides ist mit den modernen Vorstellungen vom Kindeswohl und der Betrachtung des Kindes als eigenständige Person nicht vereinbar, und somit ethisch nicht zu rechtfertigen.

Das Grundrecht auf Gleichbehandlung der Geschlechter wird ebenfalls verletzt, da zwar Mädchen gesetzlich davor geschützt werden, an ihren Geschlechtsteilen verletzt zu werden, Jungen aber nicht. Dies widerspricht nicht nur dem Grundgesetz, sondern läuft auch allen Gleichberechtigungsbestrebungen zuwider. Da hier im Kindesalter schon Entscheidungen getroffen werden, die das ganze spätere Leben beeinflussen, kommt es dem Versuch gleich, bestimmte Bildungsabschlüsse einem Geschlecht bedingungslos zu ermöglichen, den Eltern aber das Recht zu geben, sie dem anderen Geschlecht – mit lebenslänglicher Wirkung – zu untersagen. Das eine solche Ungleichbehandlung der Geschlechter im 21. Jahrhundert nicht mehr vertretbar ist, weder rechtlich noch moralisch, liegt auf der Hand.

Nicht zuletzt wird auch die Religionsfreiheit beeinträchtigt. Wird ein Junge aus religiösen Gründen als nicht einsichts- und urteilsfähiges Kind beschnitten, so trägt er das Zeichen dieser Religion lebenslang auf seinem Körper – auch, wenn er dieser Religion im Verlauf des Lebens entsagen sollte.

Zwar hindert ihn sein Zustand nicht daran, seine Religion zu wechseln oder ganz aufzugeben, es ist ihm aber nicht möglich, das Zeichen seiner alten Religion abzulegen. Dies wäre vergleichbar mit einer Tätowierung in Form des Symbols der Religionsgemeinschaft, mit dem Unterschied, dass man ein solches Tattoo notfalls mit einer Laserbehandlung entfernen oder schlicht übertätowieren könnte.

Somit schränkt eine Beschneidung zwar nicht die Möglichkeit ein, die Religion zu wechseln, macht es aber unmöglich, seine alte Religion vollständig abzulegen. Dies ist nicht nur ein Eingriff in das Grundrecht, auch ethisch ist es nicht zu vertreten, einen Menschen zu zwingen, sein Leben lang ein religiöses Symbol auf seinem Körper zu tragen – noch dazu an seiner intimsten Körperstelle.

Wieso wird dann die Zirkumzision als Erziehungsmaßnahme geduldet, ja gar per Gesetz explizit legalisiert? Dies rührt in Deutschland, auch wenn es sich im eigentlichen Gesetzestext aus juristischen Gründen nicht wiederfindet, von der Vorstellung her, man würde mit einem Verbot die Religionsfreiheit der Eltern einschränken. Zwar besagt Art. 140 GG:

(1) Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt.

[...]

(4) Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesform gezwungen werden.

Dennoch wurde es als den Eltern nicht zumutbar angesehen, einen Ritus nicht durchführen zu können, der verlangt, in den Körper eines anderen Menschen einzugreifen — sofern es sich dabei um ihren Sohn handelt. Während üblicherweise der Grundsatz gilt, dass die eigene Religionsfreiheit "an der Nase des Anderen" endet, wurde hier eine Ausnahme legalisiert, die es Eltern ermöglichen soll, ihren eigenen, persönlichen religiösen Verpflichtungen nachzukommen, auch wenn dadurch mehrere Grundrechte des betroffenen Sohnes eingeschränkt werden. Für andere religiöse Traditionen gilt dies indes nicht, so wäre die rituelle Geißelung eines Kindes — unabhängig von ihrer religiösen Bedeutung für die Eltern — nach wie vor als Kindesmisshandlung strafbar und würde hierzulande vermutlich den Entzug des Sorgerechts zur Folge haben.

Geschäftsinteressen

Nur die Wenigsten wissen vermutlich, dass Beschneidungen mittlerweile ein lukrativer Wirtschaftszweig sind. Nicht nur an der Operation selber, auch an ggf. notwendigen Nachbehandlungen lässt sich verdienen. Doch während dies noch offensichtlich ist, gibt es auch weitere Branchen, die damit verdienen.

Vorhäute von Babys sind ein begehrter Rohstoff. Unter dem Namen "Apligraf" wird weltweit ein Kunsthautprodukt vertrieben, dass unter anderem als Alternative zur Eigenhautverpflanzung verwendet wird. Gezüchtet wird dies aus Vorhäuten möglichst junger Kinder. Weil diese zudem auch weitgehend frei von Krankheitserregern sind, dienen sie ebenso als Ausgangsbasis für Kollagen, das unter anderem für Anti-Falten-Behandlungen und zum Aufspritzen von Lippen verwendet wird. Der Hersteller des britischen Produktes "Vavelta" wirbt damit, "frisch geerntete (!) Vorhäute" zu verwenden. Es wird unter anderem als Ersatz für Tierversuche zur Verträglichkeit von Kosmetika eingesetzt. Angesichts der stetig sinkenden Zahl von Routine-Beschneidungen in den USA haben die Hersteller schon vor über 10 Jahren Sorge geäußert, nicht mehr ausreichend "Ernte" einfahren zu können. Die Eltern der beschnittenen Jungen wissen von diesem lukrativen "Zweitnutzen" der "gespendeten" Körperteile ihrer Söhne übrigens nur in den aller seltensten Fällen. Während z.B. die Präimplantationsdiagnostik, Stammzellenforschung und Gentechnik immer wieder sehr kritisch hinterfragt und diskutiert werden, ist die lebenslange, einschneidende Veränderung der Körper von Säuglingen zum Wohle der Kosmetikindustrie noch immer gängige Praxis — vermutlich wohl auch, weil viele Frauen nicht wissen, woraus ihre aufgespritzten Lippen und faltenfreien Wangen eigentlich bestehen — aus Babyvorhaut. Auch hier kann eine ethische Vertretbarkeit nicht als gegeben angesehen werden.


Siehe auch

Einzelnachweise

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