Argumente für Beschneidung

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Beschneidungsbefürworter haben viele Argumente, warum die medizinisch nicht indizierte Beschneidung sinnvoll sein soll. Diese Seite versucht, eine möglichst vollständige Liste und ein Ranking der Pro-Argumente aufzustellen. Alle hier aufgeführten Argumente sind widerlegbar und widerlegt, einschließlich der religiösen Argumente.

Alle hier aufgeführten Argumente und ihre Widerlegungen beziehen sich grundsätzlich auf Kinder, die grundsätzlich ab der Geburt Träger aller Menschenrechte sind und die grundsätzlich erstmal nicht zustimmungsfähig sind für irreversible körperliche Modifikationen.

In Arbeit: Die nachfolgenden Informationen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Mehr Inhalt wird nach und nach hinzugefügt.

Pseudo-medizinische Argumente

  • Die Vorhaut hat heute keine Funktion mehr.
    Dieses Argument hält sich sehr hartnäckig, oft von Frauen verwendet, die nur beschnittene Männer kennen, aber selbst von Urologen, die mit Zirkumzisionen viel Geld verdienen und denen deshalb jedes Argument für Beschneidung recht ist.
    Ein gängiges Klischee dieses Arguments klingt so: "Die Vorhaut war notwendig, als wir noch auf Bäumen lebten und auf allen Vieren krochen. Die Vorhaut hat die Eichel da geschützt. Wir laufen aber jetzt auf zwei Beinen und Männer schleifen das Genital nicht mehr über den Boden, die Vorhaut kann daher weg."
    In der Beschneidungsdebatte 2012 wurde immer wieder mal ein einzelner muslimischer Kinderchirurg aus Köln zitiert[1], der mit genau dieser Darstellung und weiteren abstrusen Argumenten gegen ein drohendes Beschneidungsverbot wetterte.
    Seit vielen Jahren schon weiß die Medizin, dass die Vorhaut ein sehr wichtiges Körperorgan ist, das nicht nur eine große Anzahl sehr empfindsamer Nervenzellen enthält und für den Sex sehr vorteilhaft ist, sondern auch die Eichel vor dem Austrocknen, Verhornen und vor Sonnenbrand schützt.
  • "Dann dürft ihr Kinder auch nicht impfen."
    Dieses Argument wird gern von überzeugten Impfgegnern verwendet, die darauf hinweisen, dass ja auch die Spritzen, mit denen geimpft werden, "Waffen" sind, das Kind "verletzen" und dem Kind schaden können. Selbstverständlich ist jede Verletzung eines Körpers rechtlich gesehen erstmal eine Körperverletzung (sic!). Allerdings vergleicht dieses Argument eine prophylaktische Maßnahme, die seit Ende des 19. Jahrhunderts erfolgreich epidemische, oft tödlich verlaufende Krankheiten in den Griff bekommen hat, mit einer medizinisch in aller Regel unnötigen Amputation eines gesunden Körperteils. Die Entscheidung, ein Kind impfen zu lassen oder nicht, liegt im Ermessensspielraum der Eltern. Es gibt schon lange keine Zwangsimpfungen mehr, die noch zur Anfangszeit der Impfstoffe üblich waren.
    Impfungen schützen gegen (in historischer Reihenfolge aufgeführt) Pocken, Tollwut, Typhus, Diphtherie, Keuchhusten, Tuberkulose, Tetanus, Grippe, Gelbfieber, Kinderlähmung, Mumps, Masern, Röteln, FSME, Windpocken, Lungenentzündung, Hepatitis B, Meningitis, Haemophilus Influenzae Typ B, Hepatitis A, Schwerer Durchfall, Gebärmutterhalskrebs, Japanische Enzephalitis, Meningokokken Typ B.
    Medizinisch nicht indizierte Beschneidung von Kindern schützt vor genau gar nichts.

Medizinisch-prophylaktische Argumente

  • Beschneidung schützt angeblich vor HIV/AIDS.
  • Beschneidung schützt angeblich vor Geschlechtskrankheiten.
    Es wird immer wieder Bezug genommen auf eine Studie[2] der WHO, die angeblich ermittelt haben soll, dass Beschneidung einen 60-prozentigen Schutz vor HIV/AIDS haben solle. Diese Studie wird weltweit von Fachleuten scharf kritisiert.
    Als Quelle wird eine Studie von Bertrand Auvert genutzt, die angeblich ein um bis zu 60 % reduziertes Ansteckungsrisiko bei HIV festgestellt haben will.
    Hierzu gibt es mehrere Bemerkungen: Zum einen war das Studiendesign mit dem Start der Studie bereits zerstört. Die beschnittene Kontrollgruppe wurde direkt zu Studienbeginn der Operation unterzogen. Das heißt, die sechs Wochen, die angesetzt waren, bis die Wunden verheilt waren, hatte die intakte Gruppe bereits einen "Ansteckungsvorsprung". Hinzu kommt, dass die gesamte Studie in dem Gebiet mit der höchsten HIV-Quote weltweit durchgeführt wurde, die Ergebnisse also nicht die Aussagekraft haben, als wenn sie in Gegenden durchgeführt worden wäre, wo "normale" Ansteckungsquoten herrschen. Orange Farm, das Dorf in Südafrika, ist berüchtigt für die hohe HIV-Quote. Ein dritter Kritikpunkt ist, dass die Studie von Auvert mit rechnerischen Taschenspielertricks aufwartet und zudem nach zwei Jahren abgebrochen wurde, als die Zahlen drohten, sich anzugleichen. Leider ist diese Studie auch die Grundlage, nach der die WHO in Zusammenarbeit mit der Bill und Melinda Gates-Stiftung millionenteure Beschneidungskampagnen durchführt.
  • Beschneidung schützt angeblich vor Harnwegsinfektionen (HTI).
    Harnwegsinfektionen sind erheblich häufiger bei Frauen anzutreffen als bei Männern, was an der kürzeren Harnröhre liegt. Zudem reicht es völlig aus, einen Harnwegsinfekt mit Antibiotika zu behandeln.
  • Beschneidung schützt angeblich vor Peniskrebs.
    Peniskrebs ist einer der seltensten Krebsarten weltweit. Hinzu kommt, dass der Krebs ein Krebs des fortgeschrittenen Alters ist. Männer haben ein höheres Risiko, an Brustkrebs zu erkranken als an Peniskrebs. Peniskrebs ist zudem ein Krebs der Vorhaut und der Eichel und recht gut behandelbar. Es besteht kein Grund, wegen dieser Krebsart Kinder zwangszubeschneiden.
  • Beschneidung schützt angeblich vor Gebärmutterhalskrebs / HPV.
    Die vorgenannten Krankheiten wurden im Laufe der neuzeitlichen Geschichte der Beschneidung angeführt, um nicht-medizinische Beschneidung doch irgendwie medizinisch zu rechtfertigen. Zur Prophylaxe der genannten Krankheiten sind jedoch andere, nicht-destruktive Maßnahmen (wie Hygiene, Kondome usw.) besser geeignet. Amerika mit der höchsten Beschneidungsrate aller westlichen Länder hat auch immer noch die höchste HIV/AIDS-Rate aller westlichen Länder. Zudem gibt es für die Ansteckung mit HPV inzwischen gut verträgliche Impfungen, wie z.B. Gardasil.
  • Beschneidung schützt angeblich vor Phimose.
    Natürlich kann man keine Phimose kriegen, wenn man keine Vorhaut mehr hat. Das Argument ist also ebenso unsinnig, wie wenn man sagen würde, dass das Amputieren der Füße vor Fußpilz schützt. Beschneidung zur Phimose-Prophylaxe ist also grober Unfug. - Es gibt tatsächlich medizinisch indizierte Fälle von Phimose. Davon können aber weit über 90 % nichtoperativ behoben werden. Man muss klar unterscheiden zwischen der physiologischen (natürlichen) und der pathologischen (krankhaften) Phimose. Bei Kindern liegt im Regelfall die sogenannte physiologische Phimose vor: Die Vorhaut ist mit der Eichel verklebt und nicht retrahierbar. Erst durch Veränderungen im Hormonhaushalt des heranwachsenden Jungen löst sich die verklebende Membran langsam auf und erlaubt, die Vorhaut zurückzuziehen. Das Durchschnittsalter ist hierbei 10,4 Jahre. Jede Phimosediagnose, die vor dem Ende der Pubertät bei einem ansonsten gesunden Jungen gestellt wird, der problemlos urinieren kann, ist eine Fehldiagnose. Insbesondere bei der Einschulungsuntersuchung wird gerne "Phimose" diagnostiziert, weil manche Ärzte immer noch der irrigen Ansicht sind, dass zur Einschulung die Vorhaut voll zurückziehbar sein müsse. Als Elternteil diese Diagnose bitte ignorieren. Wenn das Kind keine Probleme hat, muss man ihm keine Probleme machen.
    Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte in Deutschland hat mittlerweile die Phimose-Untersuchungen in den Untersuchungsheften für Jungen im frühen Kindesalter gestrichen.
  • "Ein beschnittener Penis ist besser vor Infektionen geschützt."
    Das Gegenteil ist der Fall, denn eine wichtige Schutzfunktion der Vorhaut fällt nach der Beschneidung weg.
    "Während das äußere Blatt eine Verlängerung der Schafthaut darstellt, ist das innere Blatt, welches an der Eichel anliegt, eine Schleimhaut. Das innere Blatt ist ein ausgesprochen komplexes Hautgewebe. Es enthält apokrine Drüsen, die Cathepsin B, Lysozyme, Chymotrypsin, neutrophile Elastase, Zytokine, und Pheromone wie etwa Androsteron produzieren. Indische Wissenschaftler haben gezeigt, dass die subpräputiale Feuchtigkeit lytisches Material enthält, das eine antibakterielle und antivirale Wirkung aufweist. Die natürlichen Öle schmieren, befeuchten und schützen die Schleimhautbedeckung der Eichel und der inneren Vorhaut. Die Spitze der Vorhaut wird durch wichtige Gefäßstrukturen reichhaltig mit Blut versorgt."[3]
    Die Vorhaut ist natürlicherweise mit mehreren Abwehrmechanismen gegen Infektionen ausgestattet. Die Vorhaut beim Säugling und Kleinkind hat eine ausgeprägte Spitze mit einem Schließmuskel, das durch eine Wirbel von Muskelgewebe gebildet wird, und geschlossen bleibt, um Fremdstoffe draußen zu halten, aber sich öffnet, um den Ausfluss des Urin zu ermöglichen. Die sub-präputiale Feuchtigkeit enthält Lysozym, ein Sekret, das schädliche Mikroorganismen zerstört. Die Vorhaut enthält Langerhans-Zellen, die Schutz gegen HIV-Infektionen bieten. Fleiss, Hodges, und Van Howe[4] erläutern die immunologischen Funktionen der Vorhaut im Detail, wie auch Cold und Taylor.[5]
    "Die Vorhaut hat mehrere Aufgaben und Funktionen. Die Drüsen, die in der inneren Vorhaut zu finden sind, produzieren ein Sekret, das die Eichel weich und geschmeidig hält. Das so genannte Smegma dient dazu, eine stabile Bakterienflora im Intimbereich des Mannes zu erhalten und vor Krankheiten zu bewahren. Es schützt vor Infektionen, die auch die Harnröhre betreffen können, da seine Aufgabe die natürliche Hygiene der Eichel ist."[6]

Pseudo-rechtliche Argumente

  • "Beschneidung bei Jungen ist legal, weil sie schon seit vielen, vielen Jahren gemacht wird."
    Viele Eltern argumentieren, dass die Vorhautamputation bei kleinen Jungen legal sei, weil sie schon seit vielen Jahre, Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden gemacht wird. Das moderne Rechtswesen stellt klar, dass Tradition keinen Rechtsanspruch begründet. Andere Menschenrechtsverletzungen, wie z.B. Vergewaltigung, Steinigung, Sklaverei usw., wurden auch eine lange Zeit hindurch gemacht - was sie nicht legalisiert.
  • "Beschneidung bei Jungen ist legal, sonst würde sie ja bestraft werden."
    Mit Ausnahme von Deutschland ist uns kein Land weltweit bekannt, in dem explizit erlaubt wäre, Kindergenitalien ohne medizinische Indikation zu verstümmeln. Im Gegenteil ist in allen Ländern Körperverletzung strafbar, sofern sie nicht medizinisch indiziert ist. Das deutsche Beschneidungsgesetz ist sehr umstritten und aus mehreren Gründen unwirksam: Zum einen ist es offensichtlich verfassungswidrig, zum anderen führt es sich in seinem eigenen Gesetzestext selbst ad absurdum. Die Annahme, dass Genitalverstümmelung bei Jungen legal ist, weil sie bisher rechtlich oftmals geduldet wurde, ist irrig.

Pseudo-Elternrecht-Argumente

  • "MEIN Baby, MEINE Entscheidung."
    Viele (vor allem junge) Eltern glauben immer noch, dass das elterlich Erziehungsrecht allumfassend wäre, einschließlich des Rechts, zu entscheiden, die Genitalien ihres Sohnes aus nichtmedizinischen Gründen zu verstümmeln. Das ist nicht der Fall. Das elterliche Sorgerecht ist vor allen Dingen eine elterliche Pflicht, das Kind vor Schaden zu bewahren und zum Wohle des Kindes zu entscheiden. Eine medizinisch nicht indizierte, rein kosmetische Vorhautamputation ist nicht zum Wohle des Kindes, solange es nicht entscheidungsfähig ist.
  • "Ich habe meinen Sohn geboren, also gehört er mir."
    Nein, tut er nicht. Ist einfach so. Menschen besitzen ab der Geburt gleiche Rechte. Keine Person ist Eigentum einer anderen Person. Sklaverei wurde vor langer Zeit abgeschafft. Dies ist das 21. Jahrhundert.
  • "Ich bin seine Mutter/sein Vater. Mein Elternrecht erlaubt mir, für mein Kind zu entscheiden, was immer ich will."
    Nein, Du hast vielleicht das Elternrecht missverstanden. Grundsätzlich schützt das Elternrecht Kinder vor Indoktrinierung durch den Staat, indem den Eltern weitreichende Rechte in der Erziehung gewährt werden. Aber zuallererst bedeutet Elternschaft und Erziehen, dass man Schaden von Kindern fernhält. Der Staat hat ein permanentes Wächteramt, um sicherzustellen, dass Eltern ihren Kindern keinen Schaden zufügen.
  • Beschneidung ist eine persönliche Präferenz.
    Dieses Pseudoargument impliziert, dass es die erlaubte Präferenz der Eltern sei, ihr Kind genital zu verstümmeln oder nicht. Tatsächlich gibt es kein wirksames Gesetz, das es Eltern erlaubt, ihren Kindern ohne medizinische Indikation gesunde Körperteile abschneiden zu lassen. (Dies gilt auch für das deutsche Beschneidungsgesetz, das sich durch seinen Gesetzestext selbst aufhebt und ein Fremdkörper im deutschem Recht ist.) Für Mädchen gibt es in vielen Ländern Gesetze, die sie vor weiblicher Genitalverstümmelung schützen. Jungen sind in allen Ländern implizit durch das Verbot der Körperverletzung ohne medizinische Indikation geschützt.

Hygienische Argumente

  • "Ein beschnittener Penis lässt sich besser reinigen."
    Das Waschen eines intakten oder beschnittenen Penis ist gleich einfach und wird durch eine intakte Vorhaut nicht erschwert.
  • "Unbeschnittene Penisse riechen immer."
    Dieses Argument unterstellt pauschal bei allen intakten Jungen und Männern mangelnde Hygiene und stellt somit eine indirekte Beleidigung sämtlicher intakter Jungen und Männer dar. Tatsächlich fangen alle Genitalien irgendwann an zu riechen, wenn sie nicht von Zeit zu Zeit gewaschen werden, wobei Wasser zum Waschen völlig ausreicht.
  • "Es gibt SO VIELE ältere Männer in der Einrichtung, die nicht beschnitten sind, und es ist schrecklich und ekelig, sie zu reinigen. So viele von Ihnen müssen beschnitten werden, weil sie ständig Infektionen kriegen."
    Dies ist das sogenannte Pflegeheim-Argument, das in sich albern ist und längst widerlegt wurde. Lies bitte den verlinkten Artikel (Englisch).

Ästhetische Argumente

  • "Ein beschnittener Penis sieht schöner aus."
    Das ist für Beschneidung bei Kindern kein zulässiger Maßstab. Mit demselben ästhetischen Argument wurden z.B. früher in China Mädchen die Füße geschürt, so dass sie als erwachsene Frauen wegen der Deformation der Füße kaum laufen konnten.

Sexuelle Argumente

  • "Beschnittene können länger."
    Tatsächlich müssen viele Beschnittene länger, vor allem mit zunehmendem Alter, da die aufgrund der fehlenden Vorhaut freiliegende Eichel immer mehr verhornt und gefühllos wird. Unabhängig von diesen Unterschieden geht es hier aber um sexuelle Präferenzen Erwachsener, die sie ihren Kindern aufzwingen wollen, was durch kein Recht der Welt gedeckt ist.
  • "Die Frauen finden Sex mit beschnittenen Männern besser."
    Es gibt sicherlich Frauen, die Sex mit beschnittenen Männern gut finden. Diskussionen zeigen, das dies häufig von Frauen geäußert wird, die keinen Vergleich haben, während Frauen, die sowohl Sex mit intakten als auch mit genitalverstümmelten Männern kennen, in aller Regel intakten Sex bevorzugen, weil dabei kein so hartes Stoßen des Penis nötig ist und kein Trockenscheuern der Vagina passiert. Unabhängig von diesen Unterschieden geht es hier aber um sexuelle Präferenzen Erwachsener, die sie ihren Kindern aufzwingen wollen, was durch kein Recht der Welt gedeckt ist.

Verharmlosende Argumente

  • "Ich hab noch nie gehört, dass sich jemand über seine Beschneidung beschwert hat."
    Es ist sehr gut möglich, dass Männer überhaupt nicht über ihre sexuellen oder sonstigen (genitalen) Probleme mit anderen reden. Es gibt viele persönliche Geschichten von Männern, die sich beschwert haben und nach wie vor beschweren. Es gibt eine Organisation namens Men Do Complain (Männer beschweren sich doch); es gibt Bücher mit Erfahrungsberichten vieler Männer, die sich beschweren. Ob Männer sich beschweren, ist allerdings nicht die Frage. Sondern, ob die Beschneidung von Kindern ein unzulässiger Eingriff in die körperliche Unversehrtheit darstellt. Das wird durchgehend von Juristen bejaht. Die Frage nach Opfern stellt sich hier ebenfalls nicht, weil die Beschneidung von Kindern grundsätzlich die Grundrechte des Kindes verletzt.
  • "Die Beschneidung ist vergleichbar mit dem Abziehen eines Pflasters."
    Alle veröffentlichten Beschneidungsvideos zeigen, dass die Personen, die ohne ausreichende anästhetische Behandlung (Betäubung oder Narkose) beschnitten werden, immense Schmerzen erleiden. Säuglinge fallen bei unbetäubter Beschneidung regelmäßig in Schockstarre als Reaktion auf den Schmerz. Dieser Schockzustand wird oft fehlinterpretiert und die Eltern glauben, dass das Baby einfach durchgeschlafen hätte.
    Tatsächlich wird bei einigen traditionellen rituellen Formen der Beschneidung nicht nur die äußere Vorhaut auf- oder abgeschnitten, sondern vielmehr auch noch die (innere) Vorhaut abgerissen. Der Vergleich mit dem Abziehen eines Pflasters ist sicher nur aus der Sicht desjenigen statthaft, der das Pflaster oder die Vorhaut abreißt, nicht aber aus der Sicht des Kindes, das die Schmerzen erleidet. Es ist zumindest kein Fall bekannt, in dem ein Mohel nach der Beschneidung eines Säuglings in Schockstarre gefallen wäre, während das bei den nur wenige Tage alten Jungen regelmäßig so ist. Dieser Vergleich ist daher mehr als zynisch.
    Die Vorhaut ist bei Babies zunächst mit der Eichel verbunden und dient so dazu, diese vor allem Möglichen zu schützen. Man kann den Zustand der physiologischen Verbindung zwischen innerer Vorhaut und Eichel gut damit vergleichen, wie Fingernägel mit dem darunterliegenden Gewebe verbunden sind.
  • "Babys spüren noch keine Schmerzen, daher sollte frühzeitig beschnitten werden."
    Diese Behauptung ist völlig veraltet und in zig Studien widerlegt. Die Diskussion ist hier auch durchaus schizophren. Es wird heftig darüber diskutiert, ob Embryos, die abgetrieben werden sollen, vorher betäubt werden sollen. Aber geborene Säuglinge kann man problemlos einen Körperteil ohne Betäubung abschneiden, weil Säuglinge keine Schmerzen verspüren. Die Forschungslage sieht hier allerdings ganz anders aus: Als Säuglinge beschnittene Jungen weisen selbst Jahre nach der Beschneidung noch stärkere Reaktionen auf Schmerzen (z.b. bei Impfungen) auf als intakte.[7][8].
  • "Beschneidung ist vergleichbar mit Ohrlochstechen oder Piercings."
    Abgesehen davon, dass auch Ohrlöcher und Piercings eine Körperverletzung darstellen, entfernen Ohrlöcher und Piercings normalerweise keinerlei empfindsames Gewebe oder gar funktionale Körperteile. Auch können Ohrlöcher und Piercing-Löcher wieder zuwachsen. Daher ist dieser Vergleich völlig unhaltbar. Kinder sind keine Puppen, die man nach Belieben chirurgisch verändern kann. Der Körper gehört allein dem Kind, das allein entscheiden sollte, wann und wo dauerhafte Veränderungen an seinem Körper vorgenommen werden. Solange das Kind zu klein ist, um entsprechende Willensäußerungen zu tätigen, sollte man auf jegliche Körpermodifikation verzichten.
  • "Beschneidung ist wie Fingernägel oder Haare schneiden."
    Fingernägel und Haare wachsen von selbst nach. Dieser bagatellisierende Vergleich der Vorhautamputation mit normaler Körperhygiene ist unhaltbar.
  • "Die Taufe eines Babys mit eiskaltem Wasser ist auch brutal und versetzt dem Kind einen Schock."
    Dieses Argument ist nicht nur falsch, sondern regelrecht albern. Erstens wird üblicherweise heutzutage bei Säuglingstaufen angewärmtes Wasser für die Taufe verwendet, weil man eben das oft erst wenige Tage alte Kind nicht erschrecken will. Zweitens wird hier das tatsächlich behutsame Benetzen des Kopfes (oder nur der Stirn) eines Kleinkinds zynisch mit dem Abschneiden eines gesunden, wichtigen Körperteils von einem gesunden Baby-Körper ohne ausreichende Narkose verglichen. Und drittens gibt es kein Recht im Unrecht. Würde die Taufe mit Wasser gegen das Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit in dem Maße wie die Beschneidung verstoßen, würde sich daraus trotzdem kein gleiches (Un)Recht auf Beschneidung ableiten lassen.
  • "Er soll so aussehen wie sein Vater; man kann dem Kind nicht erklären, warum es 'da' anders aussieht."
    Wohl eines der schlimmsten Argumente, denn wo zieht man hier die Grenze? Kann man dem Kind auch nicht erklären, warum der Vater im Rollstuhl sitzt und das Kind nicht, und muss man dann die Wirbelsäule durchtrennen? Der Vater ist blind oder hat Narben im Gesicht - soll das Kind auch hierin dem Vater gleichen? Natürlich nicht. Das Argument dient dem Schutz des väterlichen Seelenfriedens, nicht jedoch dem Kind, dass vor "Konflikten" geschützt werden muss.
  • "Ich mag meine Penisse beschnitten."
    Wird oft von Müttern geäußert, die sich nicht vorstellen können, wie ein intakter Penis aussieht oder funktioniert. Das Argument ist nicht nur gefährlich nahe an einem sexuellen Übergriff, sondern hat diese Grenze bereits überschritten. Jeder Mann, der sich über die Genitalien seiner Tochter so äußern würde, hätte große Probleme mit dem Jugendamt und würde sich Strafverfolgung aussetzen.
  • "Man kann Jungen nicht beibringen, sich da zu waschen. Also wird er beschnitten."
    Elterliches Erziehungsunvermögen sollte nicht auf dem Rücken der Jungen ausgetragen werden. Wenn Eltern sich nicht in der Lage fühlen, ihren Sohn zu ordentlicher Körperhygiene zu erziehen, sollte man an der Stelle vielleicht Hilfe von offiziellen Stellen in Anspruch nehmen, anstatt dem Sohn eine Operation aufzuzwingen, die keinerlei Begründung außer elterlicher Faulheit hat.

Ausgrenzende Argumente

Ausgrenzende Argumente versuchen in aller Regel, den Diskussionspartner entweder in die Ecke einer Minderheit zu schieben, so dass er nicht mitzureden habe, wenn die Mehrheit etwas bespricht - oder sich selbst einer besonderen Gruppe zuzuschreiben, deren Gruppenregeln es verbieten, dass Außenstehende überhaupt mitdiskutieren dürfen.

  • "Das ist nicht dein Kind, also kümmere dich nicht darum!"
    Dieses Argument ist oft von jungen Eltern zu hören, wenn Intaktivisten ihren öffentlich geposteten Meldungen über die Beschneidung ihres Sohnes Kommentare mit Informationen über die Beschneidung hinzufügen. Diese Eltern verstehen so gut wie nie das Konzept des Elternrechts und wundern sich, warum ihnen Fremde sich mehr um ihr Kind, sein Wohlbefinden und seine Menschenrechte sorgen als sie es selbst tun.
  • "Wer nicht beschnitten ist, kann / darf gar nicht mitreden!"
    Ein Argument von bestechender Logik. Dann dürfen Frauen und Männer, die nicht vergewaltigt wurden, nicht gegen Vergewaltigung sein. Wer nicht bereits hingerichtet wurde, kann oder darf dann auch zum Thema Todesstrafe gar nicht mitreden.
  • "Das ist ein rein jüdisches / muslimisches Thema, das geht euch gar nichts an!"
    Hier ist der Versuch, die weltweit aus den unterschiedlichsten Gründen praktizierte Genitalverstümmelung aus der Diskussion herauszunehmen, doppelt perfide: Zum einen wird so getan, als gäbe es nur das religiöse Ritual einer einzigen Religionsgemeinschaft. Zum anderen werden Diskussionspartner hier automatisch als unerwünschte Außenseiter der Religionsgemeinschaft bezeichnet, die sich gefälligst nicht in die innergemeinschaftliche Diskussion einzumischen hätten.
  • "Diese Debatte wird nur in Deutschland [so hysterisch, beleidigend, ausgrenzend] geführt."
    Diese Behauptung ist sachlich völlig unrichtig, sowohl mit als auch ohne die in eckigen Klammern ergänzten Worte. Außerdem wird hiermit unlauter versucht, das Thema durch Quantifizierung zu bagatellisieren. Die Beschneidungsdebatte wird in allen Ländern weltweit geführt, in denen Menschen sich frei äußern können, ohne gleich Repressalien befürchten zu müssen. Da die Beschneidung ein schambehaftetes Thema ist, rutschen überall bei z.T. sehr langen Diskussionen, vor allem in den sozialen Medien im Internet, immer wieder mal Diskutanten argumentativ unter die Gürtellinie oder werden persönlich beleidigend. Davor ist dringend zu warnen.
  • "Am deutschen Wesen soll die Welt genesen."
    Wer in der Beschneidungsdebatte dieses Argument nutzt, will sein Gegenüber eindeutig als Nazi darstellen und damit ohne weitere Begründung für jede weitere Diskussion disqualifizieren. Tatsächlich drückt der Nutzer dieses Arguments damit erstmal nur seine eigene Sichtweise auf die Debatte und seine Unkenntnis über die weltweit stattfindende Debatte aus, oder er bekundet mit diesem Argument, dass er die Beschneidung einzig als innerjüdisches Thema ansieht (s.o.).
    Das hier als Antisemitismuskeule verwendete Motto wurde von den Nazis in Anlehnung an ein Gedicht von 1861 gebraucht. Während das Gedicht von Emanuel Geibel mit dem deutschen Wesen, an dem die Welt genesen mag, das geeinte deutsche Staatswesen meinte, von dem eine Friedenswirkung auf das europäische Staatengefüge ausgehen solle, missbrauchten die Nazis den ursprünglichen Sinn und meinten damit dasselbe wie der Eingangsvers der ersten Strophe aus dem sog. Deutschlandlied: "Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt".

Moralische Argumente

  • "Ich möchte nicht, dass mein Junge so viel onaniert."
    Selbstbefriedigung ist etwas völlig Natürliches und gehört zum Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Das exzessive Bekämpfen der natürlichen Selbstbefriedigung war der Hauptantrieb des amerikanischen Arztes und Rassisten John Harvey Kellogg, Beschneidung in den USA flächendeckend zu empfehlen.
  • "Wenn wir es hier verbieten, wird es illegal oder im Ausland gemacht."
    Dieses sogenannte "Hinterhof"-Argument lässt sich auf fast alle gesetzlichen, strafbewehrten Verbote anwenden und ist schon deswegen absurd. Es wird übrigens auch in Debatten über Drogenkonsum, Abtreibung und weibliche Genitalverstümmelung genauso angeführt. Der Autor Harald Stücker hat während der Beschneidungsdebatte 2012 in einem lesenswerten Artikel[9] ausgeführt, warum das Hinterhof-Argument nicht greifen kann.
    Schon jetzt sind Fälle aktenkundig, in denen Gerichte Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihre Kinder entzogen haben, wenn anzunehmen war, dass sie ein Kind im Ausland einer Beschneidung unterziehen wollten und das Gericht zum Wohle des Kindes entschied.[10]
    Wer rechtlich Verbotenes trotzdem tun will, den schreckt erstmal auch kein Gesetz ab. Die Begründung, ein (strafbewehrtes) Verbot würde zum Ausweichen in die Illegalität führen, müsste konsequent dazu führen, dass sämtliche Strafgesetze abgeschafft werden könnten.
  • "Man muss tolerant gegenüber den Religionen sein."
    Es ist erlaubt, jede Religion oder sonstige Weltanschauung zu kritisieren, da sie nicht per se als Gedankengebilde Respekt verlangen können. Tolerieren heißt "ertragen", "erdulden", vor allem anderer oder fremder Überzeugungen, Handlungsweisen und Sitten. Dies umfasst selbstverständlich nicht strafbare oder moralisch fragwürdige Handlungsweisen. Es ist immer wieder festzustellen, dass vor allem konservative oder gar ultra-orthodoxe Religionsvertreter Toleranz (oder gar Respekt) für ihre Grundeinstellung, Kindergenitalien aus religiösen Gründen zu verstümmeln, fordern. Spätestens hier greift das Popper'sche Toleranz-Paradoxon, das deutlich macht, dass es keine Toleranz für Intoleranz geben kann, wenn die Toleranz sich nicht abschaffen will.

Vergleichsverbote

Vergleiche sind legitime Elemente jeder Diskussion, da Vergleichen eine grundlegende, auf Wahrnehmung basierende Methode ist, die dazu führt, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Themen oder Objekten führt. Daher ist es grundsätzlich immer legitim, zu vergleichen, auch wenn die zu vergleichenden Themen oder Objekte nicht dieselbe Merkmalsausprägung haben. Der Vergleich kann eben zum Ergebnis führen, dass die verglichenen Themen oder Objekte gleich sind, oder dass sie ähnlich oder stark unterschiedlich sind.

MGM und FGM

  • "Weibliche Genitalverstümmelung und männliche Beschneidung sind nicht vergleichbar."
    Dieses Totschlagargument wird gern genutzt, um eine Diskussion über die gleichartige Verletzung von Menschenrechten zu beenden. Dabei wird oftmals ausgeblendet, dass die WHO für verschiedene Arten von FGM einen Abstufungskatalog veröffentlicht hat, demzufolge die "mildesten" Formen von FGM weitaus harmloser sind als die übliche Form von MGM, die quasi immer eine Komplettentfernung der Vorhaut bedeutet. Zudem wird durch die Wortwahl ("Genitalverstümmelung" vs. "Beschneidung") verbal versucht, die Unterschiedlichkeit von FGM und MGM nochmal zu verstärken.
Siehe auch: Vergleich MGM und FGM

Religiöse Argumente

Die beiden noch bestehenden Hauptreligionen, die die männliche Genitalverstümmlung in irgendeiner Art "fordern", sind das Judentum und der Islam. Im Christentum sind nur Randgruppen wie z.B. die koptischen Christen noch verstümmelnde Religionsgemeinschaften. Natürlich wird die Forderung, Kindergenitalien zu verstümmeln, in den genannten Religionen entsprechend religiös verbrämt, wobei sie im Koran, auf dessen Inhalt die Dogmen des Islam vor allem basieren, nicht verankert ist.

Islamische Religion

  • "Die Beschneidung wird vom Propheten Mohammed empfohlen."
    Dieses Argument wird von muslimischer Seite vorgebracht, mit Bezug auf eine Hadithe eines Weggefährten des Propheten, in der die männliche Beschneidung gefordert wird. Denn im Koran wird Beschneidung weder erwähnt noch gefordert. Obwohl Ibrahim (Abraham) selbst im Koran immerhin 67 mal erwähnt wird, wird seine Beschneidung dort nicht erwähnt. Stattdessen finden sich viele Stellen im Koran, die beschreiben, dass Allah den Menschen "in bester Form" [11], "vollendet" [12] und "vollkommen" [13] erschaffen habe, der "eure Gestalten vollkommen gemacht hat" [14]. "Keinen Fehler kannst du in der Schöpfung des Gnadenreichen sehen."[15] Die Beschneidung müsste demnach an sich schon eine Beleidigung Allahs sein.[16]
    Die Empfehlung zur Beschneidung geht zurück auf Abū Huraira, der berichtete, dass der Prophet gesagt haben solle: "Zur Fitra (bei Erschaffung des Menschen) gehören fünf Dinge: Die Beschneidung, das Abrasieren der Schamhaare, das Kurzschneiden des Schnurrbarts, das Schneiden der (Finger- und Fuß-) Nägel und das Auszupfen der Achselhaare." [17]
    Da es sich hier um fünf Körperbehandlungen handelt, die im weitesten Sinne mit Hygiene zu tun haben, kann man im zeitlichen und räumlichen Kontext des Islam im 7. Jahrhundert unserer Zeitrechnung noch nachvollziehen, dass dort die Beschneidung miterwähnt wurde. Doch heutzutage ist eine Beschneidung aus hygienischen Gründen unnötig. Hygiene kann zudem kein religiöses Argument sein.

Jüdische Religion

  • "Die Beschneidung wird von Gott gefordert."
    Dieses Argument wird von jüdischer Seite vorgebracht, mit Bezug auf einen Bibeltext, in dem Gott dem israelischen Urvater Abraham befahl, alle männlichen Nachkommen sollten beschnitten werden. Doch tatsächlich ist sie keine religionsstiftende, sondern eine religionsbestätigende, rituelle Handlung, die deshalb durchaus auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden kann. Darüberhinaus haben Kinder und vor allem Säuglinge keine Religion. Die religiöse Erziehung von Kindern gestattet Eltern nicht, ihren Kindern gesunde Organe abzuschneiden.
  • "Erst die Beschneidung macht einen Jungen zum Juden."
    Widerlegung: In der jüdisch-religiösen Kultur ist ein Junge automatisch Jude, wenn er von einer jüdischen Mutter geboren wurde.
  • "Wenn die Beschneidung nicht am 8. Tag erfolgt, ist der Bund mit Gott gebrochen."
    Da es sehr viele liberale und areligiöse Juden gibt, die nicht an den Bund mit Gott glauben und sich dafür natürlich frühestens als Religionsmündige oder als Erwachsene entscheiden, würde das Beharren auf einer Genitalverstümmelung an Neugeborenen ihnen eine religiösen Status aufzwingen, den sie vielleicht als Erwachsene nicht haben wollen, der aber körperlich nicht wieder negierbar ist.[18] Zudem entspricht dieses Argument oftmals einer Unkenntnis über die Vielfalt des Judentums, die sich eben nicht auf eine Variante reduzieren lässt. Daher diskriminiert dieses Argument alle Juden, die nicht dem Klischee von Juden entsprechen, das dem Nutzer dieses Arguments vorschwebt.
  • "Es gibt keine innerjüdische Debatte über die Beschneidung."
    Die vielen im Internetzeitalter gegründeten jüdischen Bewegungen gegen die rituelle Beschneidung und auch die Suche nach alternativen Ritualen zeigen sehr deutlich, dass eine innerjüdische Debatte sehr wohl existiert.
    Aber auch schon früher wurde das Ritual immer wieder auch in innerjüdischen Debatten infragegestellt. Hierzu schreibt Walter Otte im HPD: "Die Verknüpfung von Medizin und Religion verweist auf die große jahrzehntedauernde innerjüdische Debatte des 19. Jahrhunderts, in der vor allem jüdische Ärzte Einwändungen gegen die Knabenbeschneidung vorgebracht haben. In der Mitte des 19. Jahrhunderts waren es jüdische Reformgruppen, jüdische Ärzte und Rabbiner, die in heftige Diskussionen eintraten, in denen es um religiöse aber auch um gesundheitliche Aspekte der Vorhautbeschneidung bei Knaben ging. In den Debatten jüdischer Ärzte und Reformrabbiner (die bis zur Forderung der Abschaffung der Knabenbeschneidung gingen) bezeichnete der Spitalarzt Gidion Brecher den Vorgang als eine „blutige Operation“. Der Dessauer Arzt Adolf Arnhold legte umfangreich argumentierend dar, warum die Beschneidung als „verbindliches Ritual der Juden“ überholt sei. Er ging von religiösen Überlegungen aus, bezeichnete die biblischen Beschneidungsanordnungen als lediglich für die „unbefangenen Gläubigen“ von Bedeutung und kam zum Ergebnis, dass der materielle Akt der Beschneidung zur „überflüssigen und nutzlosen Schale des geistig entblößten Kerns“ geworden sei. Philipp Wolferts aus Lemförde und der Hamburger Arzt Moritz Gustav Salomon traten mit medizinischen Argumenten hervor, wobei Salomon zum Ergebnis, kam, dass die Beschneidung im 19. Jahrhundert überhaupt keine religiöse sondern lediglich eine politische Bedeutung habe."[19]

Siehe auch

Ironische Auseinandersetzung

Einzelnachweise

  1. REFweb (3. Juli 2012). Arzt fürchtet illegale Beschneidungen. Abgerufen 18. Oktober 2019.
  2. REFweb Male circumcision for HIV prevention [Männliche Beschneidung als HIV-Vorbeugung] (Englisch), WHO. Abgerufen 18. Oktober 2019.
  3. REFweb (18. November 2012). Stellungnahme Dr.med. Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, zur Anhörung am 26. November 2012 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Beschneidung. Abgerufen 18. Oktober 2019.
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