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Zirkumzision

5.348 Bytes hinzugefügt, 12:49, 19. Mär. 2014
Einzelnachweise eingeführt
=== Zirkumzision - die gängigen Stile ===
==== High & Tight / Hoch & Stramm <ref>de.Wikipedia user Tinoel</ref> ====
Dieser Stil ist der in den USA am weitesten verbreitete. Es werden hierbei das äußere Vorhautblatt,Teile des inneren Vorhautblattes und Teile der Schafthaut entfernt.
Der verbleibende Rest des inneren Vorhautblattes wird zurückgezogen und mit der Schafthaut vernäht. Die Narbe befindet sich weit in Richtung des Körpers, daher die Bezeichnung High/Hoch.
Bei den strammen Stilen wird am meisten Haut entfernt. Sie schränken die Beweglichkeit der Penishaut im schlaffen Zustand bereits stark ein, beim erigierten Glied ist die Haut vollends gespannt und unbeweglich. Eine unzureichende Menge an Resthaut kann hier eine vollständige Erektion behindern und zu Spannungsschmerzen führen. Auch eine Schiefstellung des Penis durch ungleichmäßige Verteilung der verbliebenen Haut ist möglich, oft bedingt durch eine unsaubere Schnittführung oder ein schiefes Zusammenwachsen während der Wundheilung. Durch die starke Kürzung des inneren Vorhautblattes geht bei diesem Stil zudem viel sensitives Gewebe verloren.
==== Low & Tight / Niedrig & Stramm <ref>David-matthias http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Beschneidungsstile,_Styles_of_Circumcision.jpg</ref> ====
Bei diesem Stil werden sowohl das innere als auch das äußere Vorhautblatt komplett entfernt – die Schafthaut wird unterhalb des Eichelkranzes angenäht. Die Narbe liegt dicht an der Eichel, daher die Bezeichnung Low/Niedrig.
Eine unzureichende Menge an Resthaut kann auch hier eine vollständige Erektion behindern und zu Spannungsschmerzen und Schiefstellungen des Penis führen.
==== High & Loose / Hoch & Locker <ref>David-matthias http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Beschneidungsstile,_Styles_of_Circumcision.jpg</ref> ====
Das äußere Vorhautblatt wird komplett entfernt, ebenso ein Teil der Schafthaut. Das innere Blatt wird zurückgezogen und mit der Schafthaut vernäht. Die Narbe befindet sich in Richtung des Körpers, daher der Name High/Hoch. Im Gegensatz zum "High & Tight"-Stil wird das innere Blatt nicht so stark gekürzt und liegt in Falten hinter der Eichel.
Es steht noch genug Resthaut zu Verfügung, um eine vollständige und beschwerdefreie Erektion zu gewährleisten.Von allen Varianten wird bei dieser am wenigsten sensitives Gewebe entfernt.
==== Low & Loose / Niedrig & Locker <ref>David-matthias http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Beschneidungsstile,_Styles_of_Circumcision.jpg</ref> ====
Das innere Vorhautblatt wird entfernt, das äußere unterhalb der Eichel angenäht. Die Narbe befindet sich somit direkt hinter dem Eichelkranz, daher der Name "Low/Niedrig". Das äußere Vorhautblatt liegt in Falten hinter der Eichel. Es wird hierbei ausreichend Resthaut gelassen, um eine vollständige und spannungsfreie Erektion zu gewährleisten.
Die ältesten Methoden, die Vorhaut zu entfernen, bedienen sich nur weniger Werkzeuge. Im einfachsten Fall wird die Vorhaut mit einer Schnur in die Länge gezogen, ein Messer direkt vor der Eichel platziert, und die Haut dann mit einem Schlag auf den Messerrücken durchtrennt. Ein Vernähen findet nicht statt, die Haut wächst unkontrolliert zusammen.
Unter modernen OP-Bedingungen wird die Vorhaut zuerst mit Klammern gefasst und gezogen, und oberhalb der Eichel einige Zeit abgeklemmt, um starke Blutungen zu vermeiden. Dann wird entlang der Klemme mit einem Skalpell geschnitten. Im Anschluss wird die verbliebene Haut ggf. noch dem gewünschten Stil entsprechend gekürzt und abschließend vernäht.<ref>Bild: Dr. med. Matthias Schreiber: Kinderchirurg, Schwerpunkt Kinderurologie </ref>
Auch völlig freihändige Varianten sind üblich. Die Penishaut wird hierbei zuerst an zwei Stellen rundum eingeschnitten, je einmal im Bereich der Schaft- und der Vorhaut. Danach wird der Hautbereich zwischen den Einschnitten entfernt und die Resthaut vernäht.
* Unverträglichkeiten oder allergische Reaktionen auf die verwendeten Narkotika.
* Insbesondere bei Säuglingen ist aufgrund des noch nicht voll entwickelten körpereigenen Schmerzunterdrückungssystems eine Lokalanästhesie für diesen Eingriff nicht ausreichend wirksam. Auch in Verbindung mit einer Leitungsanästhesie des Nervus dorsalis penis gelingt es selbst erfahrenen Anästhesisten in 5-10 % der Fälle nicht, eine ausreichende Betäubung zu gewährleisten. Die bei Säuglingen erforderliche Vollnarkose ist in diesem Alter jedoch mit erheblichen Risiken behaftet und wird üblicherweise nur in dringenden Fällen angewendet. Ein operativer Eingriff ohne ausreichende Schmerzunterdrückung kann zur Ausbildung eines spezifischen Schmerzgedächtnisses führen. <ref>Prof. Dr. med. Boris Zernikow http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/experte-warnt-rituelle-beschneidung-veraendert-das-gehirn-der-kinder-a-849534.html</ref> Bei nicht oder nur unzureichend betäubten Säuglingen konnte noch Monate nach der Beschneidung eine erhöhte Ausschüttung der Stresshormons Cortisol gemessen werden. Insgesamt ist ihre Schmerzschwelle niedriger und die Gefahr chronischer Schmerzen höher. Ungeachtet dieser Erkenntnisse ist die betäubungslose bzw. unzureichend betäubte Beschneidung von Säuglingen jedoch nach wie vor gängige Praxis. <ref>Garry T. Circumcision: a survey of fees and practices. OBG Management 1994. (October): 34-6.</ref><ref>Howard CR, Howard FM, Garfunkel LC, de Blieck EA, Weitzman M. Neonatal circumcision and pain relief: currenttraining practices. Pediatrics 1998; 101:423-428.</ref><ref>Stang HJ, Snellman LW. Circumcision practice patterns in the United States. Pediatrics 1998; 101: e5. Link to AAPwebsite</ref> Bei Anwendung von Techniken, die mehrere Minuten dauern, fallendie Kinder dann oft in eine Starre, was früher als friedliches Einschlafen fehlinterpretiert wurde und den Glauben nährte, Babys würden keine Schmerzen empfinden. Messungen ergaben in solchen Fällen einen i.d.R. 3- bis 4-fach erhöhten Cortisolwert, was einem schweren Schockzustand entspricht.<ref>Gunnar MR, Fisch RO, Korsvik S, Donhowe JM. The effects of circumcision on serum cortisol and behavior.Psychoneuroendocrinology 1981; 6(3):269-75.</ref>
* Postoperative Wundschmerzen, bei Kindesbeschneidungen unter Umständen noch verstärkt durch die gewaltsame Lösung der präputialen Verklebungen.
* Nachblutungen im Bereich der Operationswunde. Grade bei ganz jungen Säuglingen können diese, wenn sie nicht rechtzeitig behandelt werden, schwerwiegende Folgen haben. Sie verfügen nur über ca. 85 ml Blut pro Kilo Körpergewicht. Schon ein geringer Blutverlust kann zu Hypovolämie, hypovolämischem Schock und sogar zum Tode führen.<ref>Smart J, Nolan T. (Editors). Paediatric Handbook, Sixth Edition. Victoria, Australia: Blackwell Science Asia, 2000: p. 82</ref><ref>Wetli CV. Case 93-1711. Autopsy of Demetrius Manker. Miami: Dade County Medical Examiner Department, June 23, 1993.</ref><ref>Hiss J, Horowitz A, Kahana T. Fatal haemorrhage following male ritual circumcision. J Clin Forensic Med 2000;7:32-4.</ref><ref>Newell TEC. Judgement of inquiry into the death of McWillis, Ryleigh Roman Bryan. Burnaby, B.C.: B.C. Coroner's Service, Monday, 19 January 2004</ref>* Postoperative Infektionen. Diese schließen sowohl lokale Infektionen ein, die mit örtlicher Therapie behandelt werden können, als auch systemische Infektionen, die eine systemische Antibiose erforderlich machen.<ref>Dr.med Wolfram Hartmann, Stellungnahme zur Anhörung am 26. November 2012 im Rechtsausschuss des Bundestages</ref>
* Wunddehiszenz, also das Auseinanderweichen benachbarter Wundränder bzw. Gewebestrukturen einer Wunde nach erfolgter Naht.
* Verwachsungen der Eicheloberfläche oder des Eichelkranzes mit der umliegenden Penishaut, bei denen Hautbrücken oder -taschen entstehen oder optisch unbefriedigende Ergebnisse wie unsaubere Nähte, die eine Nachbeschneidung erforderlich machen.
* Postoperative Phimose. Bei der Narbenbildung kann ein phimotischer Ring entstehen, der eine Nachbeschneidung erforderlich macht. Nach Blalock et al. <ref>Blalock HJ, Vemulakonda V, Ritchey ML, Ribbeck M. Outpatient management of phimosis Following newborncircumcision. J Urol 2003;169(6):2332-4.</ref> liegt die Häufigkeit bei 2,9 %, nach einer Studie von Leitch <ref>Leitch IOW. Circumcision - a continuing enigma. Aust Paediatr J 1970;6:59-65</ref> bei 5,5 %.* Meatusstenose, eine krankhafte Verengung der Harnröhrenöffnung, die überwiegend bei Säuglingen und Kleinkindern auftritt. Sie stellt eine der häufigsten Komplikationen infolge der Säuglingsbeschneidung dar. Eine Studie aus dem Jahr 2006 fand Meatusstenosen ausschließlich bei vorher beschnittenen Jungen. Die Inzidenzraten nach einer Beschneidung liegen um die 10 %.<ref>Van Howe RS. Incidence of meatal stenosis following neonatal circumcision in a primary care setting. Clin Pediatr (Phila). Jan-Feb 2006;45(1):49-54.</ref><ref>Stenram, A., Malmfors, G., & Okmian, L. (1986): Circumcision for phimosis: a follow-up study. Scandinavian journal of urology and nephrology, 20(2), 89 PMID 3749823.</ref><ref>http://emedicine.medscape.com/article/1016016-overview</ref>
* Knotenbildung der Venen. Wird die dorsale Vene, die in der Spitze der Vorhaut beginnt, bei der Beschneidung durchtrennt, ohne dass diese vorher gesondert abgeklemmt und am Stumpf vernäht wurde, so verästelt sie sich mit der Zeit neu, was zu Knotenbildungen führen kann.
* Mögliche Fehlbildungen infolge der Beschneidung sind die Penishypoplasie (ein Schrumpfpenis) oder eine Induratio Penis plastica (Penisschiefstellung).
* Ärztliche Behandlungsfehler können ebenfalls nicht immer ausgeschlossen werden. Verletzungen, teilweise oder vollständige Abtrennung der Eichel oder des Penis können vorkommen.
* In seltenen Fällen können auch Nekrosen, Gangrän, Ischämie, Keloidbildung und Zirkulationsprobleme auftreten.
* Wird nach der Beschneidung eines Säuglings das ultra-orthodoxe jüdische Ritual Metzitzah B'peh ausgeführt (also das Absaugen von Blut aus der Wunde mit dem Mund), so besteht ein Risiko für eine Infektion mit Herpes simplex Typ 1, die zu Hirnschäden oder Tod führen kann.<ref>http://www.nytimes.com/2012/03/08/nyregion/infants-death-renews-debate-over-a-circumcision-ritual.html?_r=0</ref>
=== Körperliche Spätfolgen ===
* Eine unvermeidliche Spätfolge jeder Beschneidung ist der dauerhafte Verlust von sexuellem Empfindungsvermögen. Dies ist zum einen auf das Entfernen sensorischen Gewebes zurückzuführen. Die Vorhaut enthält ca. 20.000 Nervenenden und Tastkörperchen, die für den Großteil der sexuellen Empfindung des Mannes verantwortlich sind. Wird die Vorhaut entfernt, stehen sie nicht mehr zur Erzeugung sexueller Stimulation zur Verfügung. Zum anderen reagiert die Eicheloberfläche auf den nach einer Zirkumzision fehlenden Schutz vor Reibung und Austrocknung mit dem Bilden einer Hornhaut. Dadurch sinkt die Empfindungsfähigkeit der verbliebenen Nerven in der Eichel über die Jahre immer weiter ab. Die Studie von Sorrells et.al. <ref>Sorrells ML, Snyder JL, Reiss MD, et al. Fine-touch pressure thresholds in the adult penis. BJU Int 2007;99:864-9.</ref> wies eine deutliche Reduktion der Berührungsempfindlichkeit beschnittener gegenüber intakten Penissen bei erwachsenen Männern nach. Andere Studien ergaben, das beschnittene Männer deutlich seltener Kondomen benutzen als unbeschnittene, da diese die sexuelle Empfindung noch weiter einschränken (s.o.).* Spannungsschmerzen können auftreten, wenn zu wenig Reservehaut gelassen wurde, um eine vollständige Erektion zu ermöglichen. <ref>Taylor, J.R., Lockwood, A.P., & Taylor, A.J. (1996). The prepuce: „Specialized mucosa of the penis and its loss tocircumcision.“ British Journal of Urology, 77, 291-295.</ref> Dieses Risiko ist auch von der Anatomie des Penis abhängig, denn während einige Penisse bereits im schlaffen Zustand einen Großteil ihrer endgültigen Länge ausweisen (Fleischpenis), sind andere im schlaffen Zustand recht kurz und wachsen bei einer Erektion auf die doppelte Länge oder mehr an (Blutpenis). Grade bei Kindesbeschneidungen, wenn der Penis noch nicht ausgewachsen ist, lässt sich das nötige Maß an Reservehaut im Erwachsenenalter nicht abschätzen.* Erektile Dysfunktion. Sowohl die Schädigung der Blutgefäße in der Vorhaut als auch das verminderte Lustempfinden können Gründe für eine verminderte Erektionsfähigkeit mit zunehmendem Alter sein.<ref>Money, J., & Davison, J. (1983): Adult penile circumcision: Erotosexual and cosmetic sequelae. Journal of Sex Research, 19, 289-292</ref>
* Orgasmusprobleme. In Folge des verminderten Lustempfindens, bedingt durch den Verlust sensorischen Gewebes und Verhornung der Eicheloberfläche, kann es mit zunehmendem Alter zu Orgasmusproblemen kommen. Hierbei reicht die beim Geschlechtsverkehr oder der Masturbation erzeugte Erregung nicht mehr aus, um zum Orgasmus zu kommen. Eine Vorstufe dieser Spätfolge ist die verlängerte Zeit, die der Mann zum Erreichen des Orgasmus benötigt. Dies wird oft als das Argument "Beschnittene können länger" für eine Beschneidung genannt.
* Vaginale Trockenheit. Durch den Verlust des natürlichen Gleitlagereffektes, der durch die Verschiebbarkeit der Vor- und Schafthaut entsteht, tritt beim Geschlechtsverkehr eine deutlich höhere Reibung zwischen Penis und Vagina auf. Dies kann den Verkehr für beide Partner schmerzhaft werden lassen und zu Hautaufschürfungen führen. <ref>Morten Frisch, Morten Lindholm, Morten Grønbæk: Male circumcision and sexual function in men and women: a survey-based, cross-sectional study in Denmark. In: International Journal of Epidemiology Oktober 2011, 40(5), S. 1367-1381, doi:10.1093/ije/dyr104, PMID 21672947.</ref><ref>Cortés-González, J., Arratia-Maqueo, J., & Gómez-Guerra, L. (2008): Does circumcision has an effect on female's perception of sexual satisfaction? Rev Invest Clin, 60(3), 227 PMID 18807735.</ref> Auch die verlängerte Zeit, die beschnittene Männer brauchen, zum Orgasmus zu kommen, und die oftmals — im Vergleich zu unbeschnittenen Männern — längeren und härteren Stoßbewegungen spielen hier eine Rolle.<ref>Cold CJ, Taylor JR. The prepuce BJU Int 1999;83 Suppl. 1:34-44.</ref><ref>Fink KS, Carson CC, DeVellis RF. Adult Circumcision Outcomes Study: Effect on Erectile Function, PenileSensitivity, Sexual Activity and Satisfaction. J Urol 2002;167(5):2113-2116.</ref>
=== Psychische Spätfolgen ===
Die psychischen Folgen der Zirkumzision sind noch nicht umfassend erforscht, und viele Studien wurden nur im kleinen Rahmen durchgeführt. Hier besteht Nachholbedarf, denn die verfügbaren Studien und nicht zuletzt auch die Berichte negativ Betroffener deuten auf hin, dass sie erheblich schwerer wiegen können als bisher angenommen.
* Bei Säuglingen konnte nach einer betäubungslosen Zirkumzision eine schlechtere Bindung zur Mutter beobachtet werden<ref>Marshall RE, Porter FL, Rogers AG, et al. Circumcision: II effects upon mother-infant interaction. Early Hum Dev1982; 7(4):367-74.</ref>, sowie Probleme beim Stillen, die bis zur Weigerung, sich füttern zu lassen, reichten. Auch das Schlafverhalten war bei den Babys gestört, sie wiesen einen verlängerten Non-REM Schlaf und erhöhte Wachheit auf.* Bei Jungen, die im Kindesalter beschnitten wurden, konnten nach der Operation posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) nachgewiesen werden. So erfüllten in einer Studie an philippinischen Jungen, an denen vor ihrer Zirkumzision keine PTBS nachgewiesen werden konnte, 69 % der nach traditionellem Ritual und 51 % der nach medizinischen Standards (mit Betäubung) beschnittenen Jungen die DSM-IV-Kriterien für eine PTBS.<ref>Ramos S, Boyle GJ. Ritual and medical circumcision among Filipino boys: evidence of post-traumatic stress disorder. In: Denniston GC, Hodges FM, Milos MF (eds) Understanding circumcision: A Multi-Disciplinary Approach to a Multi-Dimensional Problem. New York: Kluwer Academic/Plenum Publishers, 2001: pp. 253-70.</ref>* Beschneidungen, insbesondere solche, die unter Zwang erfolgten, können Gefühle der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins auslösen, die als Trauma bestehen bleiben. Diese Gefühle können auch später noch entstehen, wenn ein als Säugling Beschnittener sich seiner Beschneidung bewusst wird. In einer Online-Studie gaben Befragte an, sich in Bezug auf mangelnden Schutz verraten zu fühlen — 55 % von der Mutter, 50 % vom Vater, und 58 % vom Arzt. 73 % fühlten sich in ihren Menschenrechten verletzt.<ref>http://www.circumcisionharm.org/</ref>* Häufig zu beobachten sind Leugnungen des Verlustes, wie sie auch beim Verlust anderer Körperteile auftreten. Diese Verleugnung kann dazu führen, das Väter eine Beschneidung ihres Sohnes befürworten, um nicht an ihren eigenen Verlust erinnert zu werden. Der eigene Körper wird dabei als "normal" definiert und die Vorhaut zum Fremdkörper umgedeutet. Die eigenen Eltern werden als "gut" empfunden, deshalb wird dieses Bild auch auf die von den Eltern veranlasste Zirkumzision projiziert, damit diese Empfindung erhalten bleiben kann. Um später selber ein "guter" Vater zu sein, also dem Idealbild der eigenen Eltern zu folgen, wird dann der als "gute Sache" umgedeutete Verlust der Vorhaut an den Sohn weitergegeben, indem man auch ihn beschneiden lässt.<ref>71 van der Kolk BA. The compulsion to repeat the trauma: re-enactment, revictimization, and masochism. Psychiatr Clin North Am 1989;12(2):389-411.</ref><ref>Goldman R. The psychological impact of circumcision. BJU Int 1999;83 Suppl. 1:93-103.</ref>* Fühlt sich der Beschnittene unvollständig oder durch die fehlende Vorhaut anderen, intakten Männern gegenüber benachteiligt, können Minderwertigkeitskomplexe und Depressionen auftreten. Dies kann sowohl mit bewusstem Erkennen der eigenen Unvollständigkeit einhergehen wie auch rein unterbewusst. <ref>Rhinehart J. Neonatal circumcision reconsidered. Transactional Analysis J 1999;29(3):215-21.</ref> In einer Online-Studie gaben 75 % der Befragten an, sich unvollständig zu fühlen, 66 % fühlten sich gegenüber Unbeschnittenen minderwertig.<ref>http://www.circumcisionharm.org/</ref>* Auch Fälle, in denen sich die Kinder misshandelt oder bestraft fühlten, sind dokumentiert. So kam G. Cansever in ihrer Studie an 12 Jungen zwischen 4 und 7 Jahren, die auf ihre Beschneidung vorbereitet waren, zu dem Ergebnis, dass die Kinder sie als aggressiven Angriff auf ihren Körper wahrnahmen.<ref>Cansever, G. (1965). Psychological effects of circumcision. Brit. J. Med. Psychol. 38: 321-331.</ref>* Angst vor dem Alleinsein oder Dunkelheit.<ref>David M. Levy, Psychic trauma of operations in children; and a note on combat neurosis, American Journal of Diseases of Children, Vol. 69, 1945, 7-25</ref>* Angst vor Ärzten, Krankenhäusern und auch geschlossenen Räumen.<ref>David M. Levy, Psychic trauma of operations in children; and a note on combat neurosis, American Journal of Diseases of Children, Vol. 69, 1945, 7-25</ref>* Rückfall in die Phase den Bettnässens, auch wenn das Kind bereits trocken war.<ref>David M. Levy, Psychic trauma of operations in children; and a note on combat neurosis, American Journal of Diseases of Children, Vol. 69, 1945, 7-25</ref>
== Geschichtlicher Hintergrund ==
<blockquote>
''§ 1631d BGB''
''Beschneidung des männlichen Kindes''
''(1) Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderlicheBeschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen,wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll. Dies giltnicht, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks dasKindeswohl gefährdet wird.''
''(2) In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen auch von einerReligionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen gemäß Absatz 1durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für dieDurchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind.''
</blockquote>
<blockquote>
''(1) Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden durch die Ausübung der Religionsfreiheit weder bedingt noch beschränkt.''
''[...]''
''(4) Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesform gezwungen werden.''
</blockquote>
* [[MGM]]
* [[Zirkumpendium]]
 
== Einzelnachweise ==
<references />

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