Zirkumzision

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"Zirkumzision (von lat. circumcisio "Beschneidung"), auch männliche Beschneidung, ist die teilweise oder vollständige Entfernung der männlichen Vorhaut. Sie gehört zu den weltweit am häufigsten durchgeführten körperlichen Eingriffen und wird meist aus religiösen und kulturellen Beweggründen durchgeführt, selten mit medizinischer Indikation." (Quelle: Wikipedia)




Der nachfolgende Text stammt aus dem Zirkumpendium.

Inhaltsverzeichnis

Die Zirkumzision im Detail: Stile, Techniken und Gerätschaften

Bei der Beschneidung wird die Vorhaut des Penis ganz oder teilweise entfernt. Das genaue Ausmaß der entfernten Hautmenge und -art hängt vom Stil und der angewandten Technik, und somit auch von den verwendeten Gerätschaften ab.

Zirkumzision - die gängigen Stile

High & Tight / Hoch & Stramm

Dieser Stil ist der in den USA am weitesten verbreitete. Es werden hierbei das äußere Vorhautblatt, Teile des inneren Vorhautblattes und Teile der Schafthaut entfernt.

Der verbleibende Rest des inneren Vorhautblattes wird zurückgezogen und mit der Schafthaut vernäht. Die Narbe befindet sich weit in Richtung des Körpers, daher die Bezeichnung High/Hoch.

Die vormals innen an der Eichel anliegende Hautfläche liegt nun außen, und bildet den für diesen Stil charakteristischen farblichen Absatz zwischen Eichel und Schafthaut.

Bei den strammen Stilen wird am meisten Haut entfernt. Sie schränken die Beweglichkeit der Penishaut im schlaffen Zustand bereits stark ein, beim erigierten Glied ist die Haut vollends gespannt und unbeweglich. Eine unzureichende Menge an Resthaut kann hier eine vollständige Erektion behindern und zu Spannungsschmerzen führen. Auch eine Schiefstellung des Penis durch ungleichmäßige Verteilung der verbliebenen Haut ist möglich, oft bedingt durch eine unsaubere Schnittführung oder ein schiefes Zusammenwachsen während der Wundheilung. Durch die starke Kürzung des inneren Vorhautblattes geht bei diesem Stil zudem viel sensitives Gewebe verloren.

Low & Tight / Niedrig & Stramm

Bei diesem Stil werden sowohl das innere als auch das äußere Vorhautblatt komplett entfernt – die Schafthaut wird unterhalb des Eichelkranzes angenäht. Die Narbe liegt dicht an der Eichel, daher die Bezeichnung Low/Niedrig.

Dieser Stil ist der radikalste, denn er entfernt das gesamte sensitive Gewebe der Vorhaut. Wie auch beim High & Tight wird hier sehr viel Haut entfernt. Im schlaffen Zustand ist die verbleibende Resthaut kaum, im erigierten Zustand gar nicht mehr beweglich.

Eine unzureichende Menge an Resthaut kann auch hier eine vollständige Erektion behindern und zu Spannungsschmerzen und Schiefstellungen des Penis führen.

High & Loose / Hoch & Locker

Das äußere Vorhautblatt wird komplett entfernt, ebenso ein Teil der Schafthaut. Das innere Blatt wird zurückgezogen und mit der Schafthaut vernäht. Die Narbe befindet sich in Richtung des Körpers, daher der Name High/Hoch. Im Gegensatz zum "High & Tight"-Stil wird das innere Blatt nicht so stark gekürzt und liegt in Falten hinter der Eichel.

Es steht noch genug Resthaut zu Verfügung, um eine vollständige und beschwerdefreie Erektion zu gewährleisten.Von allen Varianten wird bei dieser am wenigsten sensitives Gewebe entfernt.

Low & Loose / Niedrig & Locker

Das innere Vorhautblatt wird entfernt, das äußere unterhalb der Eichel angenäht. Die Narbe befindet sich somit direkt hinter dem Eichelkranz, daher der Name "Low/Niedrig". Das äußere Vorhautblatt liegt in Falten hinter der Eichel. Es wird hierbei ausreichend Resthaut gelassen, um eine vollständige und spannungsfreie Erektion zu gewährleisten.

Da im Gegensatz zum "High & Loose"-Stil das innere und nicht das äußere Blatt entfernt wird, geht bei dieser Variante fast das gesamte sensitive Gewebe verloren.

Techniken und Gerätschaften

Es wurden im Laufe der Zeit eine Vielzahl unterschiedlicher Verfahren entwickelt, um die Vorhaut zu entfernen. Diverse Klemmen und Apparaturen sollen dem Beschneider die Arbeit erleichtern, optisch einheitliche Ergebnisse begünstigen oder Verletzungen der Eichel durch unsachgemäße Schnitte vorbeugen. Hier einige der verbreitetsten Varianten:

Freihand-Techniken

Die ältesten Methoden, die Vorhaut zu entfernen, bedienen sich nur weniger Werkzeuge. Im einfachsten Fall wird die Vorhaut mit einer Schnur in die Länge gezogen, ein Messer direkt vor der Eichel platziert, und die Haut dann mit einem Schlag auf den Messerrücken durchtrennt. Ein Vernähen findet nicht statt, die Haut wächst unkontrolliert zusammen.

Unter modernen OP-Bedingungen wird die Vorhaut zuerst mit Klammern gefasst und gezogen, und oberhalb der Eichel einige Zeit abgeklemmt, um starke Blutungen zu vermeiden. Dann wird entlang der Klemme mit einem Skalpell geschnitten. Im Anschluss wird die verbliebene Haut ggf. noch dem gewünschten Stil entsprechend gekürzt und abschließend vernäht.

Auch völlig freihändige Varianten sind üblich. Die Penishaut wird hierbei zuerst an zwei Stellen rundum eingeschnitten, je einmal im Bereich der Schaft- und der Vorhaut. Danach wird der Hautbereich zwischen den Einschnitten entfernt und die Resthaut vernäht.

Ebenfalls zu den Freihand-Techniken zählen die verschiedenen Schild-Varianten.

Bei der rituellen jüdischen Beschneidung wird die Vorhaut in den Schlitz des Schildes (Links) geschoben und oberhalb des Schildes abgeschnitten.

Ähnlich funktioniert die Mogen-Klemme (Mitte), die jedoch nach dem Einführen der Vorhaut verriegelt wird und sie so abklemmt. Nach einigen Minuten wird die Vorhaut dann wie beim einfachen Schild abgetrennt. Durch das Abklemmen soll ein Bluten der Wunde reduziert bzw. verhindert werden.

Auch die Sheldon-Klemme (Rechts) arbeitet nach einem ähnlichen Prinzip. Der innere Greifer fasst die Vorhautspitze, und zieht sie während des Schließvorgangs in die Klemme. Der äußere Greifer klemmt die Vorhaut ab. Mit einem Skalpell wird, nach einigen Minuten des Abklemmens, die Vorhaut zwischen den beiden Greifern durchtrennt.

Die Nutzung eines Schildes soll die Eichel besser vor Schnittverletzungen schützen als eine einfache chirurgische Klemme, jedoch kann bei unsachgemäßer Anwendung sowohl bei der Mogen- als auch bei den Sheldon-Klemme die Eichelspitze versehentlich mit eingeklemmt und ein- oder abgeschnitten werden.

Komplexe Klemmen

Eine der verbreitetsten Klemmen in den USA ist die Gomco-Klemme. Zuerst wird die Vorhaut eingeschnitten, dann die Metallglocke über die Eichel gestülpt. Anschließend wird die Glocke mitsamt der Vorhaut durch die Öffnung in der Bodenplatte der Klemme geschoben und in den Hebel eingehängt. Durch Anziehen der Schraube zieht der Hebel die Glocke nach oben. Die Vorhaut wird zwischen Glocke und Klemme abgeklemmt. Nach einigen Minuten wird dann die Haut oberhalb der Bodenplatte mit einem Skalpell abgetrennt und die Klemme entfernt.

Bei der Plastibell-Methode wird zuerst die Vorhaut eingeschnitten, dann ein Plastikring über die Eichel gestülpt und die Vorhaut über diese hinweggezogen. Mit einem Faden wird die Vorhaut an einer Kerbe des Rings befestigt und so abgebunden. Das Gewebe jenseits des Fadens wird nun abgeschnitten und der Haltegriff abgebrochen.

Das abgebundene Gewebe stirbt in den folgenden Tagen ab, und der Ring fällt von selbst ab. Da diese Art der Beschneidung nicht bis zum Ende unter ärztlicher Überwachung stattfindet, kann im Falle auftretender Schwellungen unter Umständen nicht sofort eingegriffen werden, zudem besteht das Risiko, dass der Ring durch äußere Einwirkungen zu früh entfernt wird und die noch nicht ausreichend verheilte Wunde an den Rändern aufplatzt. In diesem Falle muss nachträglich genäht werden.

Die Smartklamp und einige andere, ähnliche Designs sind Einweg-Klemmen, die eine Mischung aus Gomco- und Plastibell-Methode darstellen. Die Eichel wird in die Plastikröhre eingeführt, die Vorhaut darüber gezogen. Die Bodenplatte des äußeren Spannmechanismus wird dann über die Vorhaut geschoben und arretiert, was die Haut zwischen dem wulstigen unteren Rand der Röhre und der Bodenplatte einklemmt. Die Vorhaut wird nun oberhalb der Bodenplatte mit einem Skalpell durchtrennt. Die Klemme verbleibt am Penis, bis sie — ähnlich der Plastibell— nach dem Absterben der eingeklemmten Haut in einigen Tagen von selber abfällt.

All diesen Methoden ist gemein, dass die Vorhaut von der Eichel abgelöst sein muss. Im Falle einer Kindesbeschneidung ist es deshalb in den meisten (siehe Tabelle oben) Fällen erforderlich, zunächst die Balanopräputiale Membran, die Vorhaut und Eichel miteinander "verklebt", durch gewaltsames Zurückziehen der Vorhaut oder Ablösung mittels eines unter die Vorhaut geschobenen stumpfen Instrumentes zu zerstören, was Verletzungen und Entzündungen der Eichel zur Folge haben kann.

Risiken und Spätfolgen

Die Zirkumzision ist, wie auch eine Mandel- oder Blinddarmoperation, ein chirurgischer Eingriff und bringt die üblichen Risiken einer OP mit sich, zusätzlich zum Risiko einiger spezifischer Komplikationen und Spätfolgen.

Mögliche operative und postoperative Komplikationen

  • Unverträglichkeiten oder allergische Reaktionen auf die verwendeten Narkotika.
  • Insbesondere bei Säuglingen ist aufgrund des noch nicht voll entwickelten körpereigenen Schmerzunterdrückungssystems eine Lokalanästhesie für diesen Eingriff nicht ausreichend wirksam. Auch in Verbindung mit einer Leitungsanästhesie des Nervus dorsalis penis gelingt es selbst erfahrenen Anästhesisten in 5-10 % der Fälle nicht, eine ausreichende Betäubung zu gewährleisten. Die bei Säuglingen erforderliche Vollnarkose ist in diesem Alter jedoch mit erheblichen Risiken behaftet und wird üblicherweise nur in dringenden Fällen angewendet. Ein operativer Eingriff ohne ausreichende Schmerzunterdrückung kann zur Ausbildung eines spezifischen Schmerzgedächtnisses führen. Bei nicht oder nur unzureichend betäubten Säuglingen konnte noch Monate nach der Beschneidung eine erhöhte Ausschüttung der Stresshormons Cortisol gemessen werden. Insgesamt ist ihre Schmerzschwelle niedriger und die Gefahr chronischer Schmerzen höher. Ungeachtet dieser Erkenntnisse ist die betäubungslose bzw. unzureichend betäubte Beschneidung von Säuglingen jedoch nach wie vor gängige Praxis. Bei Anwendung von Techniken, die mehrere Minuten dauern, fallen

die Kinder dann oft in eine Starre, was früher als friedliches Einschlafen fehlinterpretiert wurde und den Glauben nährte, Babys würden keine Schmerzen empfinden. Messungen ergaben in solchen Fällen einen i.d.R. 3- bis 4-fach erhöhten Cortisolwert, was einem schweren Schockzustand entspricht.

  • Postoperative Wundschmerzen, bei Kindesbeschneidungen unter Umständen noch verstärkt durch die gewaltsame Lösung der präputialen Verklebungen.
  • Nachblutungen im Bereich der Operationswunde. Grade bei ganz jungen Säuglingen können diese, wenn sie nicht rechtzeitig behandelt werden, schwerwiegende Folgen haben. Sie verfügen nur über ca. 85 ml Blut pro Kilo Körpergewicht. Schon ein geringer Blutverlust kann zu Hypovolämie, hypovolämischem Schock und sogar zum Tode führen.
  • Postoperative Infektionen. Diese schließen sowohl lokale Infektionen ein, die mit örtlicher Therapie behandelt werden können, als auch systemische Infektionen, die eine systemische Antibiose erforderlich machen.
  • Wunddehiszenz, also das Auseinanderweichen benachbarter Wundränder bzw. Gewebestrukturen einer Wunde nach erfolgter Naht.
  • Verwachsungen der Eicheloberfläche oder des Eichelkranzes mit der umliegenden Penishaut, bei denen Hautbrücken oder -taschen entstehen oder optisch unbefriedigende Ergebnisse wie unsaubere Nähte, die eine Nachbeschneidung erforderlich machen.
  • Postoperative Phimose. Bei der Narbenbildung kann ein phimotischer Ring entstehen, der eine Nachbeschneidung erforderlich macht. Nach Blalock et al. liegt die Häufigkeit bei 2,9 %, nach einer Studie von Leitch bei 5,5 %.
  • Meatusstenose, eine krankhafte Verengung der Harnröhrenöffnung, die überwiegend bei Säuglingen und Kleinkindern auftritt. Sie stellt eine der häufigsten Komplikationen infolge der Säuglingsbeschneidung dar. Eine Studie aus dem Jahr 2006 fand Meatusstenosen ausschließlich bei vorher beschnittenen Jungen. Die Inzidenzraten nach einer Beschneidung liegen um die 10 %.
  • Knotenbildung der Venen. Wird die dorsale Vene, die in der Spitze der Vorhaut beginnt, bei der Beschneidung durchtrennt, ohne dass diese vorher gesondert abgeklemmt und am Stumpf vernäht wurde, so verästelt sie sich mit der Zeit neu, was zu Knotenbildungen führen kann.
  • Mögliche Fehlbildungen infolge der Beschneidung sind die Penishypoplasie (ein Schrumpfpenis) oder eine Induratio Penis plastica (Penisschiefstellung).
  • Ärztliche Behandlungsfehler können ebenfalls nicht immer ausgeschlossen werden. Verletzungen, teilweise oder vollständige Abtrennung der Eichel oder des Penis können vorkommen.
  • In seltenen Fällen können auch Nekrosen, Gangrän, Ischämie, Keloidbildung und Zirkulationsprobleme auftreten.
  • Wird nach der Beschneidung eines Säuglings das ultra-orthodoxe jüdische Ritual Metzitzah B'peh ausgeführt (also das Absaugen von Blut aus der Wunde mit dem Mund), so besteht ein Risiko für eine Infektion mit Herpes simplex Typ 1, die zu Hirnschäden oder Tod führen kann.

Körperliche Spätfolgen

  • Eine unvermeidliche Spätfolge jeder Beschneidung ist der dauerhafte Verlust von sexuellem Empfindungsvermögen. Dies ist zum einen auf das Entfernen sensorischen Gewebes zurückzuführen. Die Vorhaut enthält ca. 20.000 Nervenenden und Tastkörperchen, die für den Großteil der sexuellen Empfindung des Mannes verantwortlich sind. Wird die Vorhaut entfernt, stehen sie nicht mehr zur Erzeugung sexueller Stimulation zur Verfügung. Zum anderen reagiert die Eicheloberfläche auf den nach einer Zirkumzision fehlenden Schutz vor Reibung und Austrocknung mit dem Bilden einer Hornhaut. Dadurch sinkt die Empfindungsfähigkeit der verbliebenen Nerven in der Eichel über die Jahre immer weiter ab. Die Studie von Sorrells et.al. wies eine deutliche Reduktion der Berührungsempfindlichkeit beschnittener gegenüber intakten Penissen bei erwachsenen Männern nach. Andere Studien ergaben, das beschnittene Männer deutlich seltener Kondomen benutzen als unbeschnittene, da diese die sexuelle Empfindung noch weiter einschränken (s.o.).
  • Spannungsschmerzen können auftreten, wenn zu wenig Reservehaut gelassen wurde, um eine vollständige Erektion zu ermöglichen. Dieses Risiko ist auch von der Anatomie des Penis abhängig, denn während einige Penisse bereits im schlaffen Zustand einen Großteil ihrer endgültigen Länge ausweisen (Fleischpenis), sind andere im schlaffen Zustand recht kurz und wachsen bei einer Erektion auf die doppelte Länge oder mehr an (Blutpenis). Grade bei Kindesbeschneidungen, wenn der Penis noch nicht ausgewachsen ist, lässt sich das nötige Maß an Reservehaut im Erwachsenenalter nicht abschätzen.
  • Erektile Dysfunktion. Sowohl die Schädigung der Blutgefäße in der Vorhaut als auch das verminderte Lustempfinden können Gründe für eine verminderte Erektionsfähigkeit mit zunehmendem Alter sein.
  • Orgasmusprobleme. In Folge des verminderten Lustempfindens, bedingt durch den Verlust sensorischen Gewebes und Verhornung der Eicheloberfläche, kann es mit zunehmendem Alter zu Orgasmusproblemen kommen. Hierbei reicht die beim Geschlechtsverkehr oder der Masturbation erzeugte Erregung nicht mehr aus, um zum Orgasmus zu kommen. Eine Vorstufe dieser Spätfolge ist die verlängerte Zeit, die der Mann zum Erreichen des Orgasmus benötigt. Dies wird oft als das Argument "Beschnittene können länger" für eine Beschneidung genannt.
  • Vaginale Trockenheit. Durch den Verlust des natürlichen Gleitlagereffektes, der durch die Verschiebbarkeit der Vor- und Schafthaut entsteht, tritt beim Geschlechtsverkehr eine deutlich höhere Reibung zwischen Penis und Vagina auf. Dies kann den Verkehr für beide Partner schmerzhaft werden lassen und zu Hautaufschürfungen führen. Auch die verlängerte Zeit, die beschnittene Männer brauchen, zum Orgasmus zu kommen, und die oftmals — im Vergleich zu unbeschnittenen Männern — längeren und härteren Stoßbewegungen spielen hier eine Rolle.

Psychische Spätfolgen

Auch psychische Spätfolgen können nach einer Zirkumzision auftreten, vor allem, wenn die Operation im Kindesalter vorgenommen wurde. Hierbei können verschiedene Traumata vorkommen, die unter anderem vom Alter und den Umständen der Beschneidung abhängen. So spielt es zum Beispiel eine Rolle, ob die Beschneidung mit oder ohne Betäubung vorgenommen wurde, ob der Betroffene vorher über den Eingriff informiert wurde, er gegen seinen Willen bzw. ohne seine Zustimmung beschnitten wurde oder auch, ob er — sofern er als Säugling beschnitten wurde — im Kindesalter darüber aufgeklärt wurde oder es zufällig selber herausfand.

Die psychischen Folgen der Zirkumzision sind noch nicht umfassend erforscht, und viele Studien wurden nur im kleinen Rahmen durchgeführt. Hier besteht Nachholbedarf, denn die verfügbaren Studien und nicht zuletzt auch die Berichte negativ Betroffener deuten auf hin, dass sie erheblich schwerer wiegen können als bisher angenommen.

  • Bei Säuglingen konnte nach einer betäubungslosen Zirkumzision eine schlechtere Bindung zur Mutter beobachtet werden, sowie Probleme beim Stillen, die bis zur Weigerung, sich füttern zu lassen, reichten. Auch das Schlafverhalten war bei den Babys gestört, sie wiesen einen verlängerten Non-REM Schlaf und erhöhte Wachheit auf.
  • Bei Jungen, die im Kindesalter beschnitten wurden, konnten nach der Operation posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) nachgewiesen werden. So erfüllten in einer Studie an philippinischen Jungen, an denen vor ihrer Zirkumzision keine PTBS nachgewiesen werden konnte, 69 % der nach traditionellem Ritual und 51 % der nach medizinischen Standards (mit Betäubung) beschnittenen Jungen die DSM-IV-Kriterien für eine PTBS.
  • Beschneidungen, insbesondere solche, die unter Zwang erfolgten, können Gefühle der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins auslösen, die als Trauma bestehen bleiben. Diese Gefühle können auch später noch entstehen, wenn ein als Säugling Beschnittener sich seiner Beschneidung bewusst wird. In einer Online-Studie gaben Befragte an, sich in Bezug auf mangelnden Schutz verraten zu fühlen — 55 % von der Mutter, 50 % vom Vater, und 58 % vom Arzt. 73 % fühlten sich in ihren Menschenrechten verletzt.
  • Häufig zu beobachten sind Leugnungen des Verlustes, wie sie auch beim Verlust anderer Körperteile auftreten. Diese Verleugnung kann dazu führen, das Väter eine Beschneidung ihres Sohnes befürworten, um nicht an ihren eigenen Verlust erinnert zu werden. Der eigene Körper wird dabei als "normal" definiert und die Vorhaut zum Fremdkörper umgedeutet. Die eigenen Eltern werden als "gut" empfunden, deshalb wird dieses Bild auch auf die von den Eltern veranlasste Zirkumzision projiziert, damit diese Empfindung erhalten bleiben kann. Um später selber ein "guter" Vater zu sein, also dem Idealbild der eigenen Eltern zu folgen, wird dann der als "gute Sache" umgedeutete Verlust der Vorhaut an den Sohn weitergegeben, indem man auch ihn beschneiden lässt.
  • Fühlt sich der Beschnittene unvollständig oder durch die fehlende Vorhaut anderen, intakten Männern gegenüber benachteiligt, können Minderwertigkeitskomplexe und Depressionen auftreten. Dies kann sowohl mit bewusstem Erkennen der eigenen Unvollständigkeit einhergehen wie auch rein unterbewusst. In einer Online-Studie gaben 75 % der Befragten an, sich unvollständig zu fühlen, 66 % fühlten sich gegenüber Unbeschnittenen minderwertig.
  • Auch Fälle, in denen sich die Kinder misshandelt oder bestraft fühlten, sind dokumentiert. So kam G. Cansever in ihrer Studie an 12 Jungen zwischen 4 und 7 Jahren, die auf ihre Beschneidung vorbereitet waren, zu dem Ergebnis, dass die Kinder sie als aggressiven Angriff auf ihren Körper wahrnahmen.
  • Angst vor dem Alleinsein oder Dunkelheit.
  • Angst vor Ärzten, Krankenhäusern und auch geschlossenen Räumen.
  • Rückfall in die Phase den Bettnässens, auch wenn das Kind bereits trocken war.

Geschichtlicher Hintergrund

Die Amputation der Penisvorhaut ist ein sehr alter Ritus, dessen genauer Ursprung nicht mehr zweifelsfrei nachzuweisen ist. Medizinhistoriker vermuten, dass die Zirkumzision bereits im Altertum dazu dienen sollte, das Geschlechtsleben von Sklaven und Angehörigen der Unterschicht zu kontrollieren, ohne die Fortpflanzungsfähigkeit zu beeinträchtigen. In der religiösen Geschichte kann die Zirkumzision als eine Ersatzhandlung für das Menschenopfer betrachtet werden. So war es in vorgeschichtlicher Zeit nicht unüblich, Götter mit Hilfe von Menschenopfern milde zu stimmen. Auch die Kastration von Sklaven oder unterworfenen Feinden war üblich. In Folge religiöser Umbrüche wurde dieses Opfer abgewandelt, und es wurde nur noch ein Teil desjenigen Organs geopfert, das für die Erzeugung neuen Lebens zuständig ist.

Bei den Aborigines, den australischen Ureinwohnern, soll die Tradition der Zirkumzision bis ins Jahr 10000 vor unserer Zeitrechnung zurückreichen. Auf dem afrikanischen Kontinent werden erste Zirkumzisionen im Bereich des Jahres 6000 v. Chr. vermutet. Aus dem antiken Ägypten existieren Hinweise auf verschiedene Formen der Zirkumzision aus der Zeit um 3000–2000 v. Chr. Die älteste bekannte Darstellung ist ein ägyptisches Grabrelief aus der 6. Dynastie, ca. 2300–2000 v. Chr. Es ist nicht zweifelsfrei bekannt, aus welchem Grund und welche Männer damals beschnitten wurden. In vielen Kulturen gilt die Zirkumzision in der Pubertät als Initiationsritus, der den Heranwachsenden in die Gemeinschaft einführt. Wie auch bei anderen schmerzhaften oder demütigenden Initiationsriten stehen hier der Beweis von Mut und die Bewältigung von Krisensituationen im Vordergrund. Auch die Amputation der Vorhaut als Entfernung des angeborenen Stückes Weiblichkeit vom männlichen Körper, wodurch der Knabe zum Mann wird, ist bei einigen afrikanischen Stämmen bekannt.

In der jüdischen Religion geht die Tradition der Zirkumzision auf eine Passage im Buch Genesis zurück (17, 10-14). Sie wird als ein Bund mit Gott angesehen, der auf den Stammvater Abraham zurückgeht.

"Das aber ist mein Bund, den ihr halten sollt zwischen mir und euch und deinem Geschlecht nach dir: Alles, was männlich ist unter euch, soll beschnitten werden; eure Vorhaut sollt ihr beschneiden. Das soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und euch. Jedes Knäblein, wenn’s acht Tage alt ist, sollt ihr beschneiden bei euren Nachkommen. [...] Wenn aber ein Männlicher nicht beschnitten wird an seiner Vorhaut, wird er ausgerottet werden aus seinem Volk, weil er meinen Bund gebrochen hat." – Gen 17,10–14 LUT

Nach Ansicht des Anthropologen und Soziologen Nissan Rubin enthielt die jüdische Form der Zirkumzision, Brit Mila genannt, in den ersten beiden Jahrtausenden noch nicht die später übliche Periah, also das restlose Abschaben des inneren Vorhautblattes von der Eichel. Dieses sei erst in der Zeit um 135 n. Chr. eingeführt worden, um die im Zuge hellenistischen Einflusses häufigen Wiederherstellungen der Vorhaut durch Strecken unmöglich zu machen. Während ursprünglich nur das vordere Ende der Vorhaut abgeschnitten wurde, wird bei der Periah die gesamte Vorhaut entfernt. In der griechischen Gesellschaft galt seinerzeit eine entblößte Eichel als obszön und lächerlich. In ultra-orthodoxen Gemeinden wird nach Abschluss der Zirkumzision vom Mohel, den rituellen Beschneider, mit dem Mund Blut aus der Wunde gesaugt. Diese Praxis ist höchst umstritten, da es dabei zu Infektionen mit Herpes simplex Typ 1 kommen kann. In New York City wurden zwischen 2000 und 2011 elf Kinder mit Herpes infiziert — zehn davon mussten im Krankenhaus behandelt werden. Zwei von ihnen erlitten bleibende Hirnschäden, zwei weitere starben. Der jüdische Philosoph und Arzt Maimonides betonte im 12. Jahrhundert die Notwendigkeit der Zirkumzision, da sie die sexuellen Triebe dämpfe und die Lust auf das zur reinen Fortpflanzung erforderliche Maß senke.

Im Islam ist die Zirkumzision ebenfalls religiös begründet, auch wenn hierzu keine Erwähnung im Koran selber existiert. Der Überlieferung zufolge wurde der Prophet Mohammed ohne Vorhaut geboren. Es gilt als Zeichen des Prophetentums, dass die Propheten bereits ohne Vorhaut geboren werden. Es gilt als Ehre, "dem Vorbild der Propheten zu entsprechen", also beschnitten zu sein. Im Islam gibt es, anders als im Judentum, kein festgelegtes Alter, in dem die Zirkumzision durchgeführt werden soll. Eine Vielzahl von Zirkumzisionen findet im Alter zwischen 6 und 10 Jahren statt, aber die Spanne reicht von der Geburt bis zum Erwachsenenalter.

Im Christentum ist eine Zirkumzision nur in einigen wenigen orthodoxen Kirchen üblich. Dennoch hatten christliche Moralvorstellungen entscheidenden Einfluss auf die Verbreitung dieser Praxis. In den puritanisch geprägten USA wurde die Kindesbeschneidung im 19. Jahrhundert als Mittel gegen die Masturbation populär. Damals galt die sogenannte "Selbstbefleckung" nicht nur als moralisch verwerflich – ihr wurde auch die Urheberschaft verschiedenster Krankheiten angelastet. Auch das bloße Vorhandensein einer Vorhaut wurde mit vielen Krankheiten in Verbindung gebracht. Unter ihnen fanden sich Syphilis, Epilepsie, Rückgratslähmung, Bettnässen, Rückratsverkrümmung, Blasenlähmung, Klumpfuß, Nervenschmerzen im Unterbauch, Tuberkulose und Schielen. Einer der bekanntesten Befürworter der Kindeszirkumzision ist John Harvey Kellogg, Miterfinder der gleichnamigen Corn Flakes. Er schrieb 1888:

"Ein Mittel gegen Masturbation, welches bei kleinen Jungen fast immer erfolgreich ist, ist die Beschneidung. Die Operation sollte von einem Arzt ohne Betäubung durchgeführt werden, weil der kurze Schmerz einen heilsamen Effekt hat, besonders, wenn er mit Gedanken an Strafe in Verbindung gebracht wird. Bei Mädchen, so hat der Autor herausgefunden, ist die Behandlung der Klitoris mit unverdünnter Karbolsäure (Phenol) hervorragend geeignet, die unnatürliche Erregung zu mindern."

Nach der Entdeckung von Bakterien als Auslöser vieler Krankheiten – wie zum Beispiel der Tuberkulose – suchte man nach anderen Krankheiten, denen man mit einer Zirkumzision vorbeugen könne.

In den 1920er Jahren war dies der Peniskrebs, in den 1940ern Prostata- und Zungenkrebs sowie Geschlechtskrankheiten, in den 1950ern Gebärmutterhalskrebs, in den späten 1960ern Nervosität, in den 1970ern Blasen- und Rektumkrebs, in den 1980ern folgten dann Harntraktinfektionen und AIDS. Rückblickend betrachtet wurde eine Zirkumzision immer als Heilmittel für eben die Krankheiten angepriesen, die grade im Licht der Öffentlichkeit standen.

Die schiere Menge an Studien und Veröffentlichungen, die im Laufe von fast 180 Jahren zu diesem Thema erschienen, sind der Grund dafür, dass sich auch mehrfach widerlegte Argumente für eine Zirkumzision, insbesondere für eine im Säuglings- und Kindesalter, bis heute hartnäckig halten.

Ein immer wiederkehrendes Element bei Initiationsriten unterschiedlichster Kulturen ist die Fixierung auf die Geschlechtsteile.

Hier spiegelt sich die enorme Faszination für die Fähigkeit, neues Leben zu erschaffen, wieder. Die Fruchtbarkeit gilt in den meisten Kulturen als wichtigstes Gut, und die daran beteiligten Körperteile rücken immer wieder in den Fokus kultischer Handlungen. Vielerorts finden diese Rituale zu einem Zeitpunkt statt, an dem die Jungen die Pubertät erreichen, und sollen den Übergang vom Kind zum Mann symbolisieren. Die Entfernung der männlichen Vorhaut ist nur eines der vielen Phänomene, die sich in diesem Zusammenhang entwickelt haben. Diese reichen bei Jungen und Männern von der Durchtrennung des Frenulums über die teilweise und vollständige Entfernung der Vorhaut bis hin zu radikalen Operationen. Bei den australischen Aborigines wird, wie oben erwähnt, die Vorhaut entfernt. Zudem ist es üblich, einige Wochen nach der Zirkumzision den jungen Männern den Penis aufzuschlitzen, was eine teilweise bis vollständige Spaltung der Harnröhre bewirkt.

Ein ebenfalls bekannter, besonders massiver Eingriff ist das Abschälen der gesamten Penishaut. In Indonesien werden Jungen zu Beginn der Pubertät kleine Bambus- oder Metallkugeln in den Penisschaft oder die Eichel eingesetzt, die dann "Höcker" bilden.

Bei vielen Völkern ist es auch üblich, derartige Rituale an Mädchen durchzuführen. Dies kann von verhältnismäßig kleinen Eingriffen wie dem Durchstechen oder Einritzen der Klitorisvorhaut über ihre komplette Entfernung bis hin zu einer radikalen Entfernung von Klitorisvorhaut, Klitoris, inneren und äußeren Schamlippen und einem abschließenden Zunähen der Vagina reichen.


Siehe auch