Ulf Dunkel
Ulf Dunkel (* 27. August 1962 in Löningen) ist ein deutscher Kaufmann, Politiker, Autor, Komponist und Intaktivist, der sich seit Sommer 2012 dafür einsetzt, dass die medizinisch nicht indizierte Beschneidung von Knaben rechtlich verboten wird. Er ist Vater von fünf Kindern und grüner Politiker.
In mehreren Offenen Briefen an sämtliche Bundestagsabgeordnete und mit einem "Gedicht zur Abschaffung der Menschenrechte für Jungen in Deutschland" versuchte er, den Bundestag mit Informationen zu versorgen und zu motivieren, der schon im Sommer 2012 von Bundeskanzlerin Merkel geforderten Legalisierung von medizinisch nicht indizierter Knabenbeschneidung nicht zuzustimmen.
Inhaltsverzeichnis
Alternativer Gesetzesänderung-Entwurf zum § 1631 BGB
Dunkel verfasste im Oktober 2012 nach längerer Diskussion mit Volker Beck einen alternativen Gesetzesänderung-Entwurf zum § 1631 BGB. Diesen Entwurf brachte er als Dringlichkeitsantrag zur 34. Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) von Bündnis 90/Die Grünen ein, die im November 2012 in Hannover stattfand. Der Antrag wurde, wie sämtliche anderen Anträge zum Thema Beschneidung, auf der BDK an eine "religionspolitische Kommission" verwiesen. Diese Kommission hat das Thema allerdings niemals diskutiert, sondern nur festgestellt, dass das eigentlich gar kein religiöses Thema und daher in der Kommission fehl am Platz sei.
Shitstorm
Seine kritischen Äußerungen über die Rechtmäßigkeit des § 1631d BGB in Diskussionen, eines bei Facebook geposteten Wutausbruchs nach dem Ansehen der Beschneidungsdokumentation "It´s A Boy!" und seines am 11.11.2012 veröffentlichten Gedichts ("Gedicht zur Abschaffung der Menschenrechte in Deutschland") lösten Ende 2012, Anfang 2013 einen medialen Shitstorm, eine Morddrohung und andere Drohanrufe für Dunkel und seine Familie aus. Dunkel verzichtete, um den Druck von seiner Familie zu nehmen, auf ein mögliches Landtagsmandat, doch war dieser Verzicht formal nicht mehr möglich und daher ungültig. Dunkel war demnach formal weiterhin möglicher Nachrücker für den Niedersächsischen Landtag in der 17. Legislaturperiode (2013-2017).
Parteiausschlussverfahren eingestellt
Der Grünen-Landesvorstand Niedersachsen hatte Dunkels Parteiausschluss beantragt. Ende Februar 2014 schlossen Dunkel und sein Landesvorstand in einer nichtöffentlichen Verhandlung einen Vergleich, durch den der Vorwurf, antisemitisch und fremdenfeindlich zu sein, aufgehoben wurde. Dunkel bestätigte, mit seinen Äußerungen in der Beschneidungsdebatte 2012 unabsichtlich antisemitische Stereotype bedient zu haben. Er distanzierte sich erneut entschieden von Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit. Das Landesschiedsgericht verwarnte ihn wegen dieser Äußerungen. Das Verfahren wurde geschlossen; eine Revision wurde ausgeschlossen.[1]
Dunkels Grünen-Kreisverband hatte den Landesvorstand scharf für dessen Vorgehen gegen Dunkel kritisiert und sich solidarisch hinter ihn gestellt. Der Schriftsteller Tilman Jens hatte in dem Zusammenhang in seiner Streitschrift "Der Sündenfall des Rechtsstaats"[2] kritisiert: "Jetzt jagen die Grünen schon Ketzer. Wie inquisitorisch sind meine früheren Idole, die Turnschuh-Parlamentarier, geworden!"
Kollektive kognitive Dissonanz
Der Begriff Kollektive kognitive Dissonanz wurde in der Beschneidungsdebatte 2012 von Ulf Dunkel geprägt und beschreibt das auch über Generationen bestehende Problem der kognitiven Dissonanz für eine Gruppe von Menschen. Zu diesem psychologischen Phänomen schreibt das Zirkumpendium:
Häufig zu beobachten sind Leugnungen des Verlustes, wie sie auch beim Verlust anderer Körperteile auftreten. Diese Verleugnung kann dazu führen, das Väter eine Beschneidung ihres Sohnes befürworten, um nicht an ihren eigenen Verlust erinnert zu werden. Der eigene Körper wird dabei als "normal" definiert und die Vorhaut zum Fremdkörper umgedeutet. Die eigenen Eltern werden als "gut" empfunden, deshalb wird dieses Bild auch auf die von den Eltern veranlasste Zirkumzision projiziert, damit diese Empfindung erhalten bleiben kann. Um später selber ein "guter" Vater zu sein, also dem Idealbild der eigenen Eltern zu folgen, wird dann der als "gute Sache" umgedeutete Verlust der Vorhaut an den Sohn weitergegeben, indem man auch ihn beschneiden lässt.[3][4]
Politisches Engagement
Ulf Dunkel ist seit 1998 (mit einer Unterbrechung von fünf Jahren) Mitglied der GRÜNEN, war Mitglied im Kreisvorstand Cloppenburg, Kreistags- und Stadtratsmitglied, Bundestags- und Landtagskandidat. Er war von Juli 2015 bis Ende März 2018 organisatorischer Geschäftsführer des GRÜNE-Kreisverbands Cloppenburg[5].
Er engagiert sich nach wie vor in seiner Partei für die Intaktheit aller Kinder, u.a. als Mitglied im BAK Säkulare Grüne, durch Aufklärungsarbeit und scharfe Kritik an den Befürwortern des Beschneidungsgesetzes in seiner Partei.
Publikationen
- Unaussprechliche Verstümmelungen: Beschnittene Männer sprechen darüber, Übersetzung des englischen Buches Unspeakable Mutilations von Lindsay R. Watson (siehe auch hier)
- "Beschneidung - Mythen und Fakten" (noch nicht veröffentlicht)
- "Beschneidung - das versteckte Trauma: Wie eine amerikanische kulturelle Praxis Kinder und letztlich uns alle beeinflusst", Übersetzung des englischen Buches "Circumcision the Hidden Trauma: How an American Cultural Practice Affects Infants and Ultimately Us All"[6] von Ronald Goldman, noch nicht veröffentlicht.
Sonstige Veröffentlichungen zum Intaktivismus
- Fangt endlich an, vom Kind her zu denken, Der Freitag, 20. März 2016
- Noch mehr Doppelmoral, 12. Dezember 2015
- Grüne Doppelmoral, 24. November 2015 (Doppelmoral)
- Unaussprechliche Verstümmelungen, 18. August 2015
- Pressemeldung zur Veröffentlichung von Celebrating Brit Shalom: Brit Shalom statt Beschneidung, Humanistischer Pressedienst am 15. Mai 2015
- FGM folgt MGM, 25. Juli 2014
- Alternativer Gesetzesänderung-Entwurf § 1631 BGB, 30. Oktober 2012, als Antrag zur 31. Bundesdelegiertenkonferenz der GRÜNEN Ende 2012 eingebracht
- Gastartikel: Mein Kommentar an den Deutschen Ethikrat wg. seiner Empfehlung an die Bundesregierung bei MOGiS e.V. am 27. August 2012
Weblinks
- Pressemeldung zur Veröffentlichung von Celebrating Brit Shalom: "Brit Shalom statt Beschneidung", HPD, 15. Mai 2015
- Blogartikel: FGM folgt MGM
- Gastartikel: Mein Kommentar an den Deutschen Ethikrat wg. seiner Empfehlung an die Bundesregierung bei MOGiS e.V.
- Grünen-BDK 34, Nov. 2012: Einbringung V48 von Ulf Dunkel u.a, Redner: Ulf Dunkel
- Grünen-BDK 34, Nov. 2012: Gegenrede zu V24 von Sergey Lagodinsky, Redner: Ulf Dunkel
- Blogartikel: Alternativer Gesetzesänderung-Entwurf § 1631 BGB
Einzelnachweise
- ↑ https://ulfdunkel.wordpress.com/2014/03/04/pressemitteilung-zum-pav/
- ↑ http://www.amazon.de/Der-S%C3%BCndenfall-Rechtsstaats-Streitschrift-Religionskampf/dp/3579066323
- ↑ van der Kolk BA. The compulsion to repeat the trauma: re-enactment, revictimization, and masochism. Psychiatr Clin North Am 1989;12(2):389-411.
- ↑ Goldman R. The psychological impact of circumcision. BJU Int 1999;83 Suppl. 1:93-103.
- ↑ http://gruene-cloppenburg.de/geschaeftsfuehrung/
- ↑ https://www.amazon.de/Circumcision-Hidden-Trauma-American-Ultimately/dp/0964489538/