PflegeWiki:Komplikationen der Beschneidung

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Komplikationen der Beschneidung

Gesundheitshinweis Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt. Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!

Die Zirkumzision, die operative Entfernung der männlichen Vorhaut, ist zweifellos die am häufigsten durchgeführte Operation an männlichen Kindern in Deutschland. Laut den Ergebnissen des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) das in den Jahren 2003 bis 2007 durchgeführt wurde, waren in Deutschland circa 9,9 % der männlichen Jugendlichen ohne Migrationshintergrund beschnitten.[1] Das bedeutet, dass Zirkumzision an Jungen in Deutschland rund 30-mal häufiger durchgeführt wird, als es angesichts der Häufigkeit therapiebedürftiger Vorhauterkrankungen und heutiger konservativer Behandlungsmodalitäten medizinisch notwendig wäre.[2]

Im Gegensatz dazu betrug schon 1986 die Zirkumzisionsrate in Dänemark unter 15-jährigen Knaben nur 1,6 %[3] und das obwohl zum damaligen Zeitpunkt für häufig diagnostizierte Vorhautprobleme keine der heutigen konservativen Therapieformen, wie etwa die Therapie mit Corticosteroid-Salben oder vorhauterhaltende Operationsverfahren, verfügbar waren.[3]

Da es zwischen beiden Ländern keine Unterschiede hinsichtlich der Häufigkeiten gängiger Vorhautprobleme geben kann, die zur Indikation einer Zirkumzision herangezogen werden könnten, muss davon ausgegangen werden, dass erhebliche qualitative Unterschiede in der medizinischen Praxis und der medizinischen Kompetenz bestehen, die für diesen erheblichen Unterschied in der Beschneidungsrate zwischen diesen Ländern verantwortlich sind.

Inhaltsverzeichnis

Penisentwicklung

Es ist bedeutsam, die normale Entwicklung des Penis zu betrachten, um sowohl den zirkumzidierten als auch den intakten Penis verstehen zu können. Während des dritten Schwangerschaftsmonats (wenn der Fötus eine ungefähre Länge von 65 mm hat) entwickelt sich eine Hautfalte an der Unterseite der Eichel und beginnt zur Spitze hin zu wachsen. Aus dieser Falte entwickelt sich schließlich die Vorhaut. Die Formation der Vorhaut ist gewöhnlich mit dem fünften Schwangerschaftsmonat abgeschlossen (Fötus eine ungefähre Länge von 100 mm besitzt).[4] Wenn die Eichel einmal vollständig bedeckt ist, beginnen die innere Oberfläche der Vorhaut und die Oberfläche der Eichel -- beides sind mehrschichtige Plattenepthelien -- sich miteinander zu verbinden. Dadurch entsteht ein gemeinsames verbindendes Schleimhautepithel der Eichel und der inneren Vorhaut, die auch balanopräputiale Membran oder Synechie genannt wird. Nach der Geburt sollten die miteinander verbundene Vorhaut und Eichel als ein einheitliches Ganzes angesehen werden,[4] das nicht künstlich aufgetrennt werden sollte. Die Verklebung zwischen Eichel und Vorhaut löst sich langsam im Laufe mehrere Jahre ganz von allein auf, sodass die Vorhaut allmählich zurückziehbar wird. Dieser Ablösungsprozess verläuft bei jedem Kind unterschiedlich, kann aber bei manchen Jungen bis zum Ende der Pubertät andauern.[5]

Bei der Geburt haben fast keine Jungen eine zurückziehbare Vorhaut.[6] Im Alter von 4 Jahren haben erst 17 % der Jungen eine komplett zurückziehbare Vorhaut.[6] Mit Einsetzen des Schulalters im Alter von 6-7 Jahren haben nur 23 % Jungen eine komplett zurückziehbare Vorhaut.[5] Im Alter von 10 Jahren können noch rund 50-60 % der Jungen ihre Vorhaut nur teilweise oder überhaupt nicht zurückziehen[5]; doch ist nach dem 17. Lebensjahr bei fast allen Jungen die Vorhaut komplett zurückziehbar.[5]

Bedenken, dass eine nicht zurückziehbare Vorhaut beim Kind oder Jugendlichen zu hygienischen Problemen führen könnte, sind unbegründet, da Vorhaut und Eichel fest miteinander versiegelt sind und kein Zwischenraum zwischen Eichel und Vorhaut besteht, in den irgendwelcher Schmutz eindringen könnte. Dieser Zwischenraum bildet sich erst, wenn sich die balanopräputiale Membran auflöst.[4]

 

Vielleicht aufgrund des US-amerikanischen Einflusses haben sich viele Falschvorstellungen über die Vorhaut und deren Entwicklung in der deutschen medizinischen Literatur und Praxis etabliert. Wenn man beispielsweise Phimose einfach als das Unvermögen zur spannungsfreien Vorhautretraktion definiert, haben alle Jungen bis zu einem gewissem Alter eine Phimose. Jedoch ist eine solch definierte Phimose ein physiologischer Zustand ohne jeglichen Krankheitswert. Definiert man jedoch die Phimose als fehlende Zurückziehbarkeit der Vorhaut, die -- nach Ausschluss anderer Ursachen -- zu wiederkehrenden Eichelentzündungen oder zu einer obstruktiven Uropathie (Harnstauung/Harnabflussbehinderung) führt, oder als fehlende Zurückziehbarkeit der Vorhaut mit narbiger Vorhautöffnuung infolge von vorzeitigen Retraktionsversuchen, oder seltenen Hauterkrankungen wie der Lichen sclerosus, so ist die Häufigkeit der Phimose nicht höher als 2 %.[7]

Von diesen 1-2 % sprechen rund 85 % oder mehr auf eine Behandlung mit Corticosteroid-haltiger Salben an. Die restlichen 15 % der 1-2 % können, sofern keine Lichen sclerosus vorliegt, mittels einer modernen Vorhauterweiterungsplastik wie etwa der Tripel-Inzision behandelt werden, die die Vorhaut vollständig erhält und mit einer geringeren Komplikationsrate behaftet ist als die Zirkumzision.

Ein weiteres Problem entsteht, wenn der Arzt versucht, die intakte Vorhaut des Jungen zu untersuchen, indem er die Vorhaut in proximaler Richtung (zurück) zieht, wodurch die Vorhautöffnung gerade einmal stecknadelkopfgroß erscheint und der untersuchende Arzt fälschlich annehmen kann, dass tatsächlich eine behandlungsbedürftige Phimose vorliege. Zieht man aber die Vorhaut aber in distale Richtung (nach vorn; vom Körper weg), erkennt man leicht, dass die Vorhautöffnung tatsächlich ziemlich groß ist und keinesfalls den Harnabfluss behindern kann.[8]

Viele deutsche Ärzte, denen während ihres Studiums obsolete Werte und Vorstellungen über die Entwicklung der Vorhaut beigebracht wurden, glauben fälschlich, dass die Vorhaut ab einem bestimmten Alter zurückziehbar sein müsse. Diese Vorstellung kann dazu führen, dass solche unzureichend ausgebildeten Ärzte versuchen, die Vorhaut von kleinen Jungen gewaltsam von der Eichel zu reißen. Niemals sollte versucht werden, die Vorhaut gewaltsam zurückzuziehen, da dies Schmerzen und Blutungen verursachen sowie zur Bildung von Narbengewebe und zu Problemen beim natürlichen Ablöseprozess der Vorhaut von der Eichel führen kann.[9] Durch die gewaltsame Vorhautretraktion entstehen zwei gegenüberliegende, offene Wunden, die bei der Abheilung miteinander verwachsen und so Hautbrücken bilden können.[10] Das gewaltsame Zurückziehen der Vorhaut ist vollkommen unnötig, da sich Vorhaut und Eichel ganz von allein, auf physiologischen Weg, voneinander lösen, ganz ohne Nachhilfe durch Ärzte oder Eltern.[8]

Es kann kaum genug betont werden, dass für Penis und Vorhaut keine besondere Pflege notwendig ist.[11][12] Für die optimale Penispflege reicht es aus, den Penis von außen beim Windelnwechseln, Baden oder Duschen vorsichtig mit klarem, warmen Wasser -- ähnlich wie ein Fingerchen -- abzuwaschen. Wenn die Vorhaut sich einmal von der Eichel gelöst hat und so zurückziehbar geworden ist, was, wie bereits erklärt wurde, bei manchen Jungen erst im späten Teenageralter der Fall ist, sollte das Kind bzw. der Jugendliche die Vorhaut als Teil der üblichen Körperhygiene täglich beim Duschen oder Baden vorsichtig (ggf. nur, soweit dies schmerzfrei möglich ist) zurückziehen und die Eichel und die Innenseite der Vorhaut mit warmem, klaren Wasser abspülen.

Indikationen zur Zirkumzision

Es gibt nur wenige definitive Indikationen zur Zirkumzision. Die Folgenden sind seltene Erkrankungen, bei denen eine Zirkumzision angezeigt sein kann[13]:

Erfrierungen

Wenn die Vorhaut bis zum Punkt der Nekrose (Gewebstod) erfroren ist, kann eine teilweise oder vollständige Entfernung der Vorhaut indiziert sein

Gangrän

Bekannterweise sind Einzelpersonen, die an Diabetes oder chronischen Alkoholismus leiden, von Kreislaufprobleme betroffen, die zu einem Gangrän (Wundbrand) an der Vorhaut führen können. In diesem- äußerst seltenen-Fall ist eine Zirkumzision indiziert.

Malignom (Krebs)

Sollte eine bösartige Veränderung (Krebs) an der Vorhaut entstehen, ist eine Zirkumzision indiziert. Solche Malignome sind äußerst selten.

Balanitis xerotica obliterans (BXO)

Lichen sclerosus oder Balanitis xerotica obliterans ist eine seltene chronische Hauterkrankung, die einen weislichen Ring aus erhärteten Gewebe an der Vorhautspitze verursacht. Diese kann zu einer pathologischen Phimose und zur Narbenbildung am Meatus führen, wodurch die Harnröhre und damit der Harnabfluss blockiert werden können.[14]

Eine Zirkumzision ist in den meisten Fällen vermeidbar: Eine Behandlung mit ultrapotenten Corticosteroiden wie (Clobetasolpropionat oder Betamethasolvalverat) ist heute die Therapie der Wahl.[15]

Abgesehen von letzterer Indikation – Lichen scleorusus – tritt keine der genannten Indikationen bei Kindern und Jugendlichen auf. Erstere Indikationen kommen in mitteleuropäischen Breiten generell selten vor und Peniskrebs und Wundbrand betreffen fast ausschließlich erwachsene Männer im fortgeschrittenen Alter.

Medizinische Bewertung der Zirkumzision

Die Zirkumzision ist, wie jeder andere chirurgische Eingriff, mit einer Komplikationsrate und Sterberate verbunden, weshalb diese Operation nur dann erfolgen sollte, wenn eine zwingende medizinische Indikation vorliegt, und konservative und weniger invasive Behandlungen zuvor keinen Heilungserfolg brachten. Die Königlich-Niederländischen Ärztevereinigung (KNMG) erklärte in ihrem im Mai 2010 veröffentlichten Grundsatzpapier zur Beschneidung Minderjähriger, dass es keine Hinweise für die Nützlichkeit der Beschneidung aus hygienischen oder präventiven Gründen gibt, sondern dass die Beschneidung von Jungen aus nicht-medizinischen Gründen mit dem Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit unvereinbar sei, und es gute Gründe für ein Verbot von nicht-therapeutischen Beschneidungen nichteinwilligungsfähiger Jungen gibt.[16]

Methoden der Zirkumzision

Allgemein

In der modernen medizinischen Praxis finden viele Beschneidungsmethoden Anwendung, mit dem gleichen Ziel: Genug von der Schafhaut und der sensiblen inneren Vorhautschleimhaut zu entfernen, sodass die Eichel ausreichend entblößt ist.[17] Zur Vorbeugung von Komplikationen ist es wichtig die Prinzipien, die allen Beschneidungsmethoden gemein sind, zu verstehen, ganz gleich welche spezifische Methode zum Einsatz kommt. Darüber hinaus ist es wichtig, die spezifischen Gefahren der jeweils verwendeten Methode zu kennen. Obwohl viele der Methoden in der urologischen Praxis nicht zum Einsatz kommen, sollen sie hier trotzdem kurz umrissen werden, da ein Urologe mit den Komplikationen aller dieser Techniken konfrontiert sein kann. Es gibt vier Prinzipien, die alle Beschneidungstechniken gemein haben. Diese gilt es zu befolgen um Komplikationen zu vermeiden. Diese Prinzipen sind Asepsis, keine übermäßige Entfernung des inneren und äußeren Vorhautblatts, Hämostase (Blutstillung) und Cosmesis. Asepsis wird in der Praxis häufig nicht streng eingehalten.[8] Das Risiko eine zu viel der inneren oder der äußeren Vorhaut abzutragen variiert je nach angewandter Methode.

Beschneidungsmethoden können in drei Typen unterteilt werden, Klemmen-Zirkumzision, Glocken-Zirkumzision und Freihand-Zirkumzision.

In Nordamerika werden Säuglinge in der übergroßen Mehrzahl der Fälle ohne jegliche Form der Betäubung beschnitten.[18] Eine effektive Möglichkeit zur Schmerzstillung während der Beschneidung von Säuglingen besteht nicht.

Zirkumzision mit Schild-Vorrichtung

Ein Schild wird häufig bei einer rituellen Zirkumzision verwendet. Bei dieser Technik wird die Eichel mit einem eingekerbten Schild nach unten gedrückt die über die in die Länge gezogene Vorhaut platziert wurde. Die über das Schild hinausragende Vorhaut wird abgeschnitten und Hämostase wird gewährleistet. Die Mogen Klemme arbeitet nach diesem Prinzip. Die Mogen Klemme wird nicht mehr weiter produziert, da die Herstellerfirma aufgrund einer Klage der Familie eines geschädigten Jungen, dessen Penis durch eine Mogen-Zirkumzision teilweise amputiert worden war, zur Zahlung von 11 Millionen US-$ Schadensersatz verurteilt wurde und infolgedessen Konkurs anmelden musste.[19] Teilweise oder vollständige Amputationen der Glans infolge von Zirkumzisionen mit der Mogen-Klemme wurden schon vorher häufig dokumentiert.[19]

Zirkumzision mit Gomco-Klemme

Die Gomco-Klemme wird in Nordamerika sehr häufig verwendet. Wenn solche Klemmen verwenden werden, wird zunächst ein Dorsalschnitt durchgeführt und die Vorhaut von der Eichel gelöst. Eine Glocke wird über die Eichel gedrückt und die Vorhaut wird durch einen Ring gezogen. Hämostase wird durch den Druck zwischen dem Ring und der Glocke gewährleist. Die verbleibende Vorhaut wird weggeschnitten und entfernt.

Plastibell

Bei der Zirkumzision nach der Plastibell-Methode wird ein zweiteiliger Plastikring an den Penis des Kindes angelegt. Dabei liegt ein Teil zwischen Eichel und Vorhaut, der andere Teil außerhalb, an der Basis der Vorhaut. Das zwischen beiden Teilen liegende Gewebe wird durch einen Faden abgebunden. Durch das Abbinden der Blutzufuhr fault die Vorhaut langsam mehrere Tage lang ab, ehe sie von selbst abfällt. Diese Methode gilt heutzutage als obsolet, da es mit langwierigen Schmerzen verbunden ist, und nicht vollständig unter ärztlicher Überwachung stattfindet, so dass dieser bei eventuellen Schwellungen nicht eingreifen kann, und weil aufgrund des Fremdkörpers ein hohes Infektionsrisiko besteht.[8]

Freihand-Zirkumzision

Die in Deutschland am häufigsten angewendete Beschneidungsmethode ist die Freihand-Zirkumzision. Diese erfolgt entweder durch einen Dorsalschnitt und der Entfernung des gesamten Gewebes oberhalb der Eichelfurche Sulcus coronarius, oder mittels einer Sleeve-Resektion, bei der eine Gewebsmanschette distal zur Corona abgetragen wird. Bei diesen Zirkumzisionsmethoden wird routinemäßig genäht.[8]

Komplikationsrate

Häufigkeit der Komplikationen während oder kurze Zeit nach der Operation

Die exakte Komplikationsrate der Zirkumzision ist unbekannt. In prospektiven Studien wurden Raten für kurzfristige Komplikationen von 4 % bis zu 55 % festgestellt. Das spiegelt die verschiedenen und variierenden Diagnosekriterien wieder, die angewandt wurden. Als realistischer Wert für die Rate der Komplikationen, die während oder kurz nach der Zirkumzision auftreten, kann eine Rate von 2-10 % angenommen werden.[17][20][21] In diesem Wert sind jedoch Langzeit-Komplikationen die sich erst im späteren Leben im Rahmen der körperlichen Entwicklung zeigen nicht miteinbegriffen.

Häufigkeit der Komplikationen unter Berücksichtung von Komplikationen im späteren Leben

Werden späte Komplikationen der Zirkumzision, die sich erst Jahre nach der Operation manifestieren können, mitberücksichtigt, ist die Komplikationsrate signifikant höher.[22][23][24] Prospektive Studien, die auch späte Komplikationen berücksichtigen und Knaben auch einen längeren Zeitraum nach ihrer Zirkumzision untersuchten, nennen Komplikationsraten von 14 %[23] bis zu 69 %[24] an.

Komplikationen

Blutungen

 
Blutung infolge Zirkumzision

Eine Komplikation, die Folge eines jeden chirurgischen Eingriffs sein kann, sind Blutungen. Blutungen nach der Zirkumzision werden in der Literatur mit einer Häufigkeit zwischen 1,5-35 % angegeben.[25][26][20]

Nur selten ist eine Blutung stark genug, dass eine Bluttransfusion notwendig werden kann. Zusätzliche pharmalogische Mittel, die zur Kontrolle der Blutung nach der Beschneidung genutzt werden, umfassen die oberflächliche Anwendung von Thrombin, oder Epinephrin[27],wie auch eine Injektion des Epinephrins direkt in die Zirkzumzisionswunde.

Epinephrin sollte nur in einer extrem verdünnten Lösung (z.B. 1:100000) verwendet werden, da es von der offenen Wunde absorbiert werden und schwerwiegende Auswirkungen auf das Herzkreislaufsystem haben kann; darüber hinaus können höher konzentrierte Epinephrinlösungen eine lokale Gewebsischämie (Blutleere) verursachen, die unbehandelt zur Nekrose des betroffenen Gewebes führt.[28]

Infektionen

Infektionen können, wie nach jedem chirurgischen Eingriff nach der Zirkumzision auftreten. Die Häufigkeit von Infektionen infolge der Zirkumzision wird in der Literatur mit 8,5 %[20] bis 10 %[29] angegeben. Vermutlich sind viele dieser Infektionen nur milde ausgeprägt und bleiben folgenlos. Jedoch sind auch schwere Infektionen dokumentiert, einschließlich nekrotisierender Fasziitis,[30] Staphylogenes Lyell-Syndrom,[31][32] und Hirnhautentzündung.[33] Einige dieser Komplikationen führten zu schwerwiegenden permanenten Schäden oder Todesfällen.[34][33]

Übermäßige Gewebsentfernung

 
Radikale Zirkumzision bei einem Knaben

Wenn übermäßig viel von der äußeren Vorhaut und der Schafthaut und die angemessene Menge der inneren Vorhaut entfernt wird, ist der Penis infolge verkürzt und eine Hauttransplantation kann zu einem späteren Zeitpunkt notwendig werden.[27] Wenn zu viel Spannung auf die Wunde einwirkt, kann diese aufgerissen werden.[27]

Inklusionszysten

 
Zyste

Eine Zyste ist ein abnormal abgeschlossener Gewebehohlraum, der Flüssigkeiten oder auch festes Material enthalten kann. Gelegentlich können entlang des Vorhautrestes am zirkulären Schnittbereich, Zysten entstehen.[35]

Zysten entstehen vermutlich infolge von Einlagerungen von Epidermis oder Smegma in der Zirkumzisionswunde. Einiger dieser Zysten können beträchtliche Ausmaße annehmen. Selbst kleine Zysten können sich entzünden und so zu einer wesentlichen Krankheitsursache werden. Die Behandlung besteht in der chirurgischen Entfernung.

Meatitis

Meatitis oder Meatusulceration, ist eine mögliche der Zirkumzision die als Komplikation angesehen werden kann. Für die Meatitis werden in der Literatur Häufigkeiten zwischen 8 und 31 Prozent angegeben,[36][37][26] Das Risiko für eine Meatitis und eine Meatusulzeration ist besonders dann hoch, wenn das Kind zum Zeitpunkt der Beschneidung noch Windeln trägt.[8]

Meatusstenose

 
Meatusstenose

Meatusstenose ist in der Regel eine direkte Konsequenz der Beschneidung und wird bei intakten Jungen und Männern selten vorgefunden.[38]

Die bislang einzige Studie, bei der ausschließlich die Häufigkeit von Meatusstenose infolge der Zirkumzision untersucht wurde, stellte eine Häufigkeit der Meatusstenose von 7,3 % fest.[38]

Meatusstenosen entstehen infolge der Reizung der äußeren Harnröhrenöffnung durch umgebenden Textilien.Solch eine Reizung ist bei intakten Jungen unwahrscheinlich, weil die intakte Vorhaut die Eichel vor solch reizenden Stoffen schützt.[8][39][40]

Bei Jungen, die im Säuglingsalter beschnitten werden, ist das Risiko für Meatusstenosen besonders hoch - eine Folge des ätzenden Ammoniaks, der sich in feuchten Windeln bilden kann.

Zur Therapie der Meatusstenose ist eine Schlitzung der Harnröhre, eine sogenannte Meatomie, die Therapie der Wahl.[39] Bei hochgradigen Verengungen kann jedoch eine operative Rekonstruktion der Harnröhrenmündung, eine sogenannte Meatusplastik, notwendig werden.

Harnverhaltung

 
aufgeblähte Blase bei Harnröhrenobstruktion

Harnverhaltung (Unfähigkeit zur Blasenentleerung) ist eine weitere Komplikation der Zirkumzision. Eine Harnverhaltung infolge einer Zirkumzision wird meist durch einen zu engen Verbandes und verursacht und lässt sich einfach durch die Entfernung des Verbandes behandeln.[41][42][25][27]

Darüber hinaus kann eine Harnverhaltung infolge eines engen Verbands eine Prolepsis verursachen, die ihrerseits eine allgemeinen Blutvergiftung bedingt.[42]

Wird eine Bonozintinktur als Teil des Verbandes verwendet, kann diese die Harnröhrenöffnung blockieren und so eine Harnverhaltung verursachen.[43]

Phimose

 
Postzirkumzisionsphimose

Der Zustand einer nicht zurückziehbaren Vorhaut, ist tatsächlich vollkommen normal, da die Vorhaut bei der Geburt mit der Eichel verklebt ist. Jedoch werden häufig Zirkumzision durchgeführt um diesen Zustand zu "korrigieren". Ironischerweise kann die Vorhaut sogar Phimose verursachen, wenn der Vorhautrest sich mit dem Schaft wiederverklebt.[44]

Wenn ungenügend äußere Haut und ungenügend innere Vorhaut entfernt wurde, und wenn darüber hinaus eine Vorhautöffnung sich zusammenzieht oder fibrotisch wird, kann eine erworbene pathologische Phimose die Folge sein, die auch Postzirkumzision-Phimose bezeichnet wird. Diese Komplikation kann oft schwerwiegend sein und zur Harnröhrenobstruktion führen.

Für die Phimose als Folge einer Zirkumzision werden in der Literatur Häufigkeiten von 2-3 % angegeben. [44][45] Diese Rate von 3 % liegt weit über der natürlichen Prävalenz (Häufigkeit) einer behandlungsbedürftigen pathologischen Phimose in der männlichen Bevölkerung. Noch vor der Entwicklung und Verbreitung heute verfügbarer konservativer Behandlungsmethoden bedurften nur 1,5 % der dänischen Jungen bedurften bis zu ihrem 15 Geburtstag wegen irgendeines Vorhautproblems einer Zirkumzision.

Hypospadie und Epispadie

Sowohl Hypospadie als auch Epispadie – normalerweise angeborene Fehlbildungen – können durch Zirkumzisionen verursacht werden, wenn während dem Längsschnitt in die Vorhaut vor der eigentlichen Vorhautentfernung, versehentlich die Eichel aufgeschlitzt wird.[46] Selten wird auch die Penis- oder Hodenhaut versehentlich eigeschnitten.[27][43]

Harnröhrenfisteln

 
Fistel und doppelter Harnstrahl bei einem Knaben infolge der Zirkumzision

Als Komplikation der Zirkumzision können eine oder mehrere neue Harnröhrenöffungen, sogenannte Fisteln, entstehen.[47][48][49][50]

Urethrocutanöse Fisteln infolge der Beschneidung können eine Vielzahl von Ursachen haben. Die häufigsten Ursachen sind:

  • Schlecht platzierte Nähte im Bereich des Frenulums, die zur Strangulation und Nekrose eins Teils der Harnröhrenwand führen.[51][48]
  • Versehentliches Einschneiden der Harnröhre mit dem Skalpell
  • Klemmen oder Plastibell-Zirkumzisionen [51][8] bei denen die Harnröhre in die Zirkumzisionsklemme hineingezogen und von dieser gequetscht wird.
  • Sepsis[17]

Die Behandlung muss individuell je nach Art dieser Komplikation durch einen urologischen Spezialisten erfolgen.

Nekrose

 
Penis eines Säuglings: Elektrokauter-Unfall

Die Nekrose (Gewebstod) und das Abfaulen der Eichel oder des gesamten Penis sind eine seltene Komplikation der Zirkumzision.

Nekrose (Gewebstod) und das Abfaulen der Eichel oder sogar des gesamten Penis als Folge der Zirkumzision ist dokumentiert. Mögliche Ursachen für Nekrosen bei der Zirkumzision umfassen Infektionen[52], unsachgemäßes Vernähen zum Zwecke der Blutstillung, Unfälle bei der Elektrokauterisation, demüberlangen Gebrauch eines Stauschlauchs, oder ein zu enger Verband.[53]

Das Risiko für eine Nekrose ist dann besonders besonders groß, wenn ein Elektrokauter (Instrument zur Kauterisation (Verödung) von Blutgefäßen) direkt mit einer Beschneidungsklemme angewendet wird. Obwohl es wahrscheinlich viele undokumentierte Fälle von kleineren Elektrokauter-Verbrennungen und dem Absterben der betroffenen Penishaut gibt, wurden schwerwiegendere Fälle wie etwa der Verlust der Eichel oder großen Flächen der Penishaut dokumentiert.[54] Im schlimmsten Falle kann die Elektrokauterisation den vollständigen Verlust des Penis zur Folge haben.[55]

 
Nekrose infolge der Zirkumzision

Gearhart und Rock[55] beschrieben vier solcher Fälle, bei denen der Schaden so schwer war, dass eine plastische Rekonstruktion des Penis als unmöglich erachtet wurde und die betroffenen die Kinder einer Geschlechtsumwandlung einschließlich Kastration unterzogen wurden.[55]

Lymphödeme

 
Lymphoedem infolge der Zirkumzision

Lympheödeme können infolge der Zirkumzision auftreten, besonders wenn es Wunddehiszenz (der Auftrennung der Wunde) kommt oder die Wunde infiziert wird.ref name="Shulman1964"/>

Die Behandlung dieser Komplikation ist individuell verschieden, jedoch kann eine Hauttransplantation zur Sanierung notwendig sein.

Komplikationen der Plastibell

Bei Zirkumzisionen mit einer Plastibell-Vorrichtung besteht die Gefahr, dass das Ring-Element der Plastibell-Vorrichtung proximal also nach unten in Richtung der Peniswurzel, verrutscht, was gravierende körperliche Schäden einschließlich einer Kerbe im Penisschaft und der Nekrose der Eichel verursachen kann.[56][57][27][58][59] Zur Vermeidung solcher Komplikationen sollte der Plastikring, wenn er nach ein paar Tagen nicht von selbst abgefallen ist, entfernt werden. Aufgrund des Fremdkörpers, der einige Tage auf der Beschneidungswunde verbleibt, ist bei Zirkumzisionen nach der Plastibell-Methode das Infektionsrisiko erhöht.[60]

Schmerzen beim Wasserlassen

Schmerzen beim Wasserlassen (Dysurie) oder Schwierigkeiten werden nach Zirkumzisionen sehr häufig beobachtet. Rund 60 % aller beschnittenen Jungen leiden nach dem Eingriff an Schmerzen oder Schwierigkeiten beim Wasserlassen. Aufgrund dieser hohen Inzidenz wird diese Folge der Zirkumzision nicht als Komplikation der Zirkumzision aufgefasst.

Tod

Tod kann die entweder die Folge von Blutungen oder Infektionen sein.[61][62] Es gibt kein Zentralregister beschneidungs-bedingter Todesfälle, weshalb die Todeshäufigkeit infolge der Beschneidung umstritten ist. Williams & Kapila (1993) bezeichnen Todesfälle als "selten".[17] Beschneidungsbedingte Todesfälle können der Blutung oder der Infektion zugeschrieben werden anstelle der zugrunde liegenden Beschneidung. Nur wenige Ärzte sind willig einen Todesfall infolge eines angeblich "kleinen" chirurgischen Eingriff anzuerkennen.

Einer konservativen Schätzung zufolge, sterben in den USA jedes Jahr mehr als 100 Jungen an den Folgen von Beschneidungen.[63]

Späte Komplikationen

Häufigkeit

Viele Komplikationen einer Beschneidung im Kindesalter können sich erst im späteren Leben manifestieren. Kein Arzt kann genau bestimmen, wie viel Haut er vom kindlichen Penis entfernen darf, damit der Jugendliche oder junge Mann später nicht unter Schmerzen oder Unbehagen leidet, wenn der Penis ausgewachsen ist.

Die Entwicklung des menschlichen Penis ist eine komplexe Folge von Ereignissen, die zu einem vollkommen individuellen Endergebnis führt: Es gibt keine zwei Penisse, die identisch wären, und eine erstaunliche Bandbreite an anatomischen Einzelheiten, die als normal betrachtet werden müssen. Eltern müssen dahingehend beruhigt werden, dass diese große Bandbreite des Normalen gibt. Darüber hinaus kann der Wunsch der Operateure nach Standardeingriffen zu nicht voraussehbaren Ergebnissen führen, sowohl weil große anatomische Unterschiede bestehen als auch weil es unmöglich ist die funktionalen Resultate von chirurgischen Eingriffen an Säuglingen und Kleinkindern vorauszusehen. So werden Zirkumzisionen bei Kindern mit dem Ziel durchgeführt, ein annehmbares kosmetisches Resultat für ein sehr kleines Organ zu erzielen, das aber im Rahmen der körperlichen Entwicklung noch beträchtlich wachsen und sich erheblich verändern kann.

So erklärt der Neuseeländische Anatom Ken Mcgrath, Professor für Anatomie an der Auckland University of Technology bezüglich möglicher später Komplikationen einer Beschneidung im Kindesalter:<

Bedauerlicherweise scheint die Mehrheit jener, die chirurgische Eingriffe an den Penissen minderjähriger Jungen durchführen, kein Interesse daran zu haben, das Ergebnis nachzuverfolgen, bis die körperliche Entwicklung des Organs abgeschlossen ist. Zugegeben, diese Nachuntersuchung umfasst eine Zeitspanne von mindestens einem Jahrzehnt, aber es wurden wenige Versuche einer Qualitätskontrolle unternommen und viele Jungen bleiben mit hochgradig geschädigten Penissen zurück. Das Endergebnis (nach Vollendung der körperlichen Entwicklung) der Zirkumzision stellt oft eine funktionale Beeinträchtigung dar und ist, und um es gelinde auszurücken, nur selten ordentlich.[64]

Der Kinderarzt und Beschneidungsexperte Dr. med. Robert Van Howe erklärt:

Der Chirurg kann, wenn er am kindlichen Penis operiert, die angemessene zu entfernende Hautmenge unmöglich genau abschätzen, weil der Penis sich mit zunehmenden Alter des Kindes noch beträchtlich verändern wird, sodass ein kleiner Unterschied zum Zeitpunkt der Operation sich in einen großen Unterschied beim beschnittenen Penis des Erwachsenden verwandelt.[24]

Krümmung und Verdrehung des Penis

Diese Komplikationen ist die Folge, wenn Haut ungleichmäßig entfernt wird, was am häufigsten bei Freihand-Zirkumzision der Fall ist.[35] Eine Zirkumzision, die auf einer Seite straffer ist als auf der anderen kann im Erwachsenenalter dazu führen, dass sich der Penis bei der Erektion verbiegt oder verkrümmt. Gewöhnlich wird diese Verdrehung des Penis durch eine dichtes Narbengewebe auf der ventralen Seite des Penis verursacht.[35] Eine Korrekturoperation ist notwendig, um diesen Schaden zu beheben.

Haariger Schaft

 
Haariger Schaft; eine mögliche späte Komplikationen der Kinderzirkumzision

Die Entfernung von zu viel Haut, bei einer "straffen" Beschneidung kann zu einem Hautmangel im späteren Leben führen. Während der Erektion, die schmerzhaft sein, kann Haut vom Hodensack den Penisschaft heraufgezogen werden, um den Mangel an erforderlicher Penishaut auszugleichen. Ein haariger Schaft wird generell als unästhetisch empfunden und kann während dem Geschlechtsverkehr stören.

Schmerzhafte Erektionen

Die Vorhaut wächst generell langsamer als der restliche Penis, sodass mit zunehmenden Alter bei intakten Jungen sich der für den kindlichen Penis typische Vorhautrüssel meist zurückbildet, und bei beschnittenen Jungen, die Beschneidung straffer wird. Eine zu straffe Beschneidung kann zu Schmerzen bei der Erektion führen.[65][66]

Anästhetische Komplikationen

Letztlich kann die Anästhesie oder deren fehlen, Komplikationen verursachen. Die Allgemeinanästhesie führte zumindest in einer Studie zu Todesfällen.[67] Wenn lokale Narkosemittel in den Corpora Cavernenosa (Penisschwellkörper) injiziert wurde können sie Gewebe verletzen und zur Impotenz führen. Darüber hinaus können kann es zu spezifische Unverträglichkeitsreaktionen und Überdosierungen kommen Narkoselösungen die Epinephrin enthalten können Gewebsprobleme oder systemische Vergiftungen verursachen.[28]

Die Durchführung der in den USA noch stark verbreiteten Beschneidung neugeborener Jungen ohne Betäubung führt zu verringerten Po2-werten (Blutsauerstoffwerten),[68] einer erhöhten Kortisol-Konzentration im Blutserum, und zum psychischen Rückzug des Kindes,[69] allesamt indirekte Hinweise auf extreme Schmerzen.

Psychologische Komplikationen und Folgen

Allgemein

Die Beschneidung birgt ein Risiko für bewusste oder unbewusste Operationstraumata und damit verbundende dauerhafte psychische Belastungen und Schäden.[70][71]

Chirurgische Eingriffe haben eine traumatische Wirkung auf Kinder. Dies gilt besonders für Eingriffe an psychisch hoch besetzten Körperteilen wie dem Penis, wenn diese mit dem Verlust eines Teils dieses Körperteils einhergehen.

Seitens Psychiater und Psychologen bestehen zunehmende Bedenken hinsichtlich der Beschneidung von Kindern und deren psychischen Negativfolgen.[72][73][74]

Die wenigen vorliegenden Untersuchungen über die psychischen Folgen der Zirkumzision, zeigen alle, dass die psychischen Folgen von Beschneidungen von Kindern, die zu jung sind die Auswirkungen dieses Eingriffes zu verstehen, signifikant sind.[74][72][73][75][76][77]

Alter des Kindes und Trauma der Zirkumzision

Die Zirkumzision wird vom Kind generell umso traumatischer aufgefasst, desto jünger es zum Zeitpunkt der Zirkumzision ist.

Posttraumatische Belastungsstörung und Zirkumzision von Kindern

Bereits 1945 stellte der Psychiater Daniel Levy in seiner Studie über die psychische Auswirkungen von Operation bei Kindern fest, dass viele Kinder infolge operativen Eingriffen einschließlich Beschneidungen an Kampfeurose – heute als Posttraumatische Belastungsstörung bezeichnet – nach operativen Eingriffen einschließlich Beschneidungen litten, und dass gerade Operationen am Penis ein besonders hohes Risiko für psychische Traumata bargen.[70]

Das Trauma der Genitaloperation kann langanhaltende psychologische Auswirkungen haben.[70][78]

So erklärt Menage, dass Behandlungen im Genitalbereich bei Kindern beiderlei Geschlechts zu einer posttraumatischen Belastungsstörung (kurz: PTBS bzw. PTSD, im ICD-10 als F43.1 codiert) führen können. Entscheidende Faktoren für die Ausprägung einer PTBS sind nach Menage:

  • (i) Gefühle der Machtlosigkeit und des Kontrollverlusts,
  • (ii) fehlende Zustimmung,
  • (iii) fehlende Information darüber, was während der Untersuchung geschehen soll,
  • (iv) fehlendes Einfühlungsvermögen des untersuchenden Arztes und
  • (v) die Erfahrung von physischem Schmerz.[79]

Die Vermutung, dass ein Zusammenhang zwischen Beschneidung und dem Auftreten einer PTBS besteht, wird von Boyle et al. (2002) in ihrer Studie bestätigt.[80][73] In der besagten Studie wurden 1577 philippinische Jungen im Alter von 11 bis 16 Jahren vor und nach einer Beschneidung (die entweder mit oder ohne Lokalanästhetikum durchgeführt wurde) beobachtet. Vor dem Eingriff wurde sichergestellt, dass nur Jungen in die Studie aufgenommen wurden, die keine PTBS (nach DSM-IV) aufwiesen. Nach dem Eingriff wurde bei 50 %, der medizinisch (mit Betäubung) und 69 % der rituell (ohne Betäubung) beschnittenen Jungen eine PTBS nach DSM-IV Kriterien festgestellt.[80]

Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) stellt eine der schwersten psychischen Störungen überhaupt dar und kennzeichnet sich vor allem durch ein wiederkehrendes Durchleben des Traumas, die Abkapselung und den Verlust des Bezugs zur Umwelt sowie möglicherweise starke Schreckhaftigkeit, Schlafstörungen, Gedächtnisverlust oder Symptome, die das Erlebte symbolisieren oder die traumatische Handlung ähneln.

In einer Studie von Gemmell and Boyle's (2001), stellten fest, dass sich die Zirkumzision auf vielfältige Weise negativ auf die Psyche auswirkt. Sie fanden heraus, dass im Vergleich mit genital intakten Männern, zirkumzidierte Männer häufiger unglücklich mit ihrer Zustand waren, und starke der Wut, Traurigkeit, empfanden und sich "unvollständig", "betrogen", "frustriert", "abnorm", und "missbraucht" fühlten. Sie stellten ebenfalls fest, dass beschnittene Männer ein geringeres Selbstwertgefühl hatten, als intakte Studienteilnehmer.[81]

Rhinehart (1999) erklärte, dass fast alle seiner beschnittenen Studienteilnehmer angaben, an psychologischen Problemen zu leiden. Diese Probleme beinhalteten "ein Gefühl der persönlichen Machtlosigkeit", "Angst überwältigt und viktimisiert zu werden", "fehlendes Vertrauen", "ein Gefühl der Verwundbarkeit gegenüber gewaltsamen Übergriffen", "Widerwille Beziehungen mit Frauen einzugehen", "geringes Selbstwertgefühl", "das Gefühl geschädigt worden zu sein", "das Gefühl verringerter Penisgröße", "Scham darüber nicht "Mithalten zu können"", "Wut und Gewalt gegenüber Frauen", "irrationale Wutreaktionen", "Suchtveralten und Abhängigkeiten", "Schwierigkeiten intime Beziehungen aufzubauen", "emotionale Abstumpfung", "das Bedürfnis nach intensivieren sexuellen Erfahrungen", "sexuelle Gefühllosigkeit", "verringerte Zärtlichkeit in der Intimität", "das Gefühl nicht verstanden zu werden".[74]

Selbst Beschneidungen, die an Jungen im Säuglingsalter-vor Beginn der verbalen Erinnerung- vorgenommen wurden, können Ursache psychischer Schäden einschließlich posttraumatische Belastungsstörungen sein.[74]

Ähnlichkeiten zu anderen Traumata

Die Zirkumzision kann vom Betroffenen als Missbrauch erlebt werden, und das Trauma der Beschneidung kann psychische Langzeitschäden verursachen wie sie gewöhnlich in Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch auftreten.[74]

Wie die beim sexuellen Missbrauch beobachtete Weitergabe von Missbrauchs-, Gewalt- und Krankheitsmustern an die nachfolgende Generation, lässt sich an der Zirkumzision, besonders aus ritueller Motivation beobachten.

Die unmittelbaren Auswirkungen der Zirkumzision auf ein Kind sind sehr unterschiedlich. Als erschwerende Umstände, welche die Folgen des Beschneidungstraumas erschweren können, zählen unter anderem geringes Alter zum Zeitpunkt des Eingriffs und die mangelnde Fähigkeit, zu verstehen, was mit einem geschieht, fehlende Aufklärung des Kindes vor der Zirkumzision, mangelnde Unterstützung im familiären Umfeld des Kindes nach der Zirkumzision, als auch geringes Alter zum Zeitpunkt des Eingriffs und die mangelnde Fähigkeit, zu verstehen, was mit dem eigenen Körper gemacht wird.[82]

Ähnlich wie Kinder, die Opfer sexuellen Missbrauchs wurden, können beschnittene Kinder Angststörungen, Depressionen, Störungen der allgemeinen Entwicklung, ein geringes Selbstwertgefühl sowie Verhaltensstörungen entwickeln.

Untersuchungen haben gezeigt, dass schwere Traumata in der Kindheit wie etwa die Beschneidung psychische Störungen wie unter anderem dissoziativen Identitätsstörungen, Essstörungen, Borderline-Persönlichkeitsstörungen und insbesondere Posttraumatische Belastungsstörungen verursachen können. Dies bedeutet nicht, dass jeder, der in der Kindheit beschnitten wurde, eine dieser Störungen entwickeln muss. Es liegt lediglich ein statistischer Zusammenhang vor, der besagt, dass schwere Traumata in der Kindheit, wie etwa Genitaloperationen einschließlich der Zirkumzision, eine dieser Störungen verursachen können.[83][84]

Andere Folgen

Nicht zu vernachlässigen sind auch die möglichen Auswirkungen des Beschneidungstraumas auf das soziale Umfeld des Betroffenen. So können insbesondere, aber nicht ausschließlich, Liebesbeziehungen (nicht zuletzt wegen möglicher sexueller Störungen) stark beeinträchtigt werden.[85] Auch Probleme im Arbeitsleben als Folge von Konzentrationsstörungen im Kontext eines posttraumatischen Belastungssyndroms sind häufig anzutreffen.

Als mögliche Folgen des Genitaltraumatas gelten außerdem:

Integrationsstörung

Jeder Mensch ist darauf angewiesen das, was ihm widerfährt, irgendwie gedanklich einzuordnen und zu verarbeiten. Einem sexuell unreifen Kind sind die Handlungen der Erwachsenen und des Arztes bei der Zirkumzision unverständlich: Es versteht die Welt nicht mehr und kann das Geschehen in seine Welt und seine Geschichte nicht integrieren. Verstärkend kommt hinzu, dass immer noch häufig vollkommen gesunde Kinder beschnitten werden, weil sie eine physiologische Phimose, d. h. eine entwicklungsbedingt nichtzurückziehbare Vorhaut haben, die vom Arzt fälschlich als Krankheit und Indikation zur Zirkumzision erachtet wird. In diesen Fällen Kind ist beim aufgrund nicht vorhandener Krankheit auch kein Leidensdruck vorhanden, sodass es nicht versteht, warum es an seinem Genital operiert werden muss. Es versteht die Welt nicht mehr und kann das Geschehen in seine Welt und seine Geschichte nicht integrieren.

Vertrauensbruch

Ein Kind lebt gewissermaßen davon, dass es seinen Eltern Vertrauen entgegenbringt. Dieses Vertrauen ist für das Kind die einzige Quelle von Sicherheit in einer ansonsten durchaus unsicheren und gefährlichen Welt. Wird dieses Vertrauen von den Eltern durch die für das Kind schwer nachvollziehbare Operation an seinem Penis verraten, so kann für das Kind die Basis jeglicher Sicherheit zerbrechen.

Unausweichbarkeit

Ein Erwachsener kann sich, auch wenn die Situation noch unangenehm ist, zumindest psychisch distanzieren („das bin nicht ich“, „das ist nicht meine Welt“). Das Kind ist dazu jedoch nicht in der Lage. Es kennt nur die eine Welt, die seiner Familie. In dieser Welt wurde es aus Perspektive "verraten" und missbraucht und hat keine Ausweichmöglichkeit.

Zusammenfassung

Zusammenfasst gibt es eine Vielzahl an Komplikationen, die infolge der Zirkumzision auftreten können. Viele dieser Komplikationen lassen sich schon durch ein Mindestmaß an Sorgfalt vermeiden. Viele Ärzte betrachten die Beschneidung als einen relativ kleinen Eingriff, der als solcher einem unerfahrenen gerne Assistentsarzt überlassen wird. Es wurde beobachtet dass die Komplikationsrate direkt mit der Fehlenden Erfahrung des Operateurs zusammenhängt.[17]

Weblinks

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Einzelnachweise

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