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PflegeWiki:Komplikationen der Beschneidung

81 Bytes hinzugefügt, 14:55, 23. Mär. 2020
K
Prozentzahlen formatiert
'''Komplikationen der Beschneidung'''
Die Zirkumzision, die operative Entfernung der männlichen Vorhaut, ist zweifellos die am häufigsten durchgeführte Operation an männlichen Kindern in Deutschland. Laut den Ergebnissen des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) das in den Jahren 2003 bis 2007 durchgeführt wurde, waren in Deutschland circa 9,9&nbsp;% der männlichen Jugendlichen ohne Migrationshintergrund beschnitten.<ref>Kamtsiuris P, Bergmann E, Rattay P, Schlaud M (2007). Inanspruchnahme medizinischer Leistungen. Ergebnisse des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS). Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 2007; 50 (5-6): 836–50. PMID 17514470.</ref> Das bedeutet, dass Zirkumzision an Jungen in Deutschland rund 30-mal häufiger durchgeführt wird, als es angesichts der Häufigkeit therapiebedürftiger Vorhauterkrankungen und heutiger konservativer Behandlungsmodalitäten medizinisch notwendig wäre.<ref>Anonym. (29. März, 2011). "10,9&nbsp;% der 0-17-Jährigen in der BRD sind beschnitten: Studie zeigt: Beschneidungsrate in Deutschland rund 30-mal höher wie medizinisch notwendig." URL: http://www.phimose-info.de/phimose-forum/viewtopic.php?f=2&t=2103 abgerufen 5/06/11.</ref>
Im Gegensatz dazu betrug schon 1986 die Zirkumzisionsrate in Dänemark unter 15-jährigen Knaben nur 1,6&nbsp;%<ref name="Frisch1995">Frisch M, Friis S, Kjear SK, Melbye M. Falling incidence of penis cancer in an uncircumcised population (Denmark 1943-90). BMJ (London) 1995;311(7018):1471.</ref> und das obwohl zum damaligen Zeitpunkt für häufig diagnostizierte Vorhautprobleme keine der heutigen konservativen Therapieformen, wie etwa die Therapie mit Corticosteroid-Salben oder vorhauterhaltende Operationsverfahren, verfügbar waren.<ref name="Frisch1995"/>
Es ist bedeutsam die normale Entwicklung des Penis zu betrachten u, sowohl den zirkumzidierten als auch den intakten Penis verstehen zu können. Während dem dritten Schwangerschaftsmonat (wenn der Fötus eine ungefähre Länge von 65mm hat) entwickelt sich eine Hautfalte an der Unterseite der Eichel und beginnt zur Spitze hin zu wachsen. Aus dieser Falte entwickelt sich schließlich die Vorhaut. Die Formation der Vorhaut ist gewöhnlich mit dem fünften Schwangerschaftsmonat abgeschlossen (Fötus eine ungefähre Länge von 100 mm besitzt).<ref name="Cold1999">Cold CJ, Taylor JR. The prepuce. BJU Int 1999;83 Suppl. 1:34-44.</ref> Wenn die Eichel einmal vollständig bedeckt ist, beginnen die innere Oberfläche der Vorhaut und die Oberfläche der Eichel-beides sind mehrschichtige Plattenepthelien- sich miteinander zu verbinden. Dadurch entsteht eine gemeinsame verbindendn Schleimhautepithel der Eichel und der inneren Vorhaut, die auch balanopräputiale Membran, oder Synechie, genannt wird. Nach der Geburt sollte die miteinander verbundenen Vorhaut und Eichel als ein einheitliches Ganzes angesehen werden,<ref name="Cold1999"/> welches nicht künstlich aufgetrennt werden sollte. Die Verklebung zwischen Eichel und Vorhaut löst sich langsam im Laufe mehrere Jahre ganz von allein auf, sodass die Vorhaut allmählich zurückziehbar wird. Dieser Ablößungsprozess verläuft bei jedem Kind unterschiedlich, kann aber bei manchen Jungen bis zum Ende der Pubertät andauern.<ref name="Øster1968">Øster J. Further Fate of the Foreskin: Incidence of Preputial Adhesions, Phimosis, and Smegma among Danish Schoolboys. Arch Dis Child, April 1968. p.200-202.</ref>
Bei der Geburt haben fast keine Jungen eine zurückziehbare Vorhaut.<ref name="Kayaba1996">Kayaba H, Tamura H, Kitajima S, et al. Analysis of shape and retractability of the prepuce in 603 Japanese boys. J Urol 1996; 156 (5) :1813-5.</ref> Im Alter von 4 Jahren haben erst 17 &nbsp;% der Jungen eine komplett zurückziehbare Vorhaut.<ref name="Kayaba1996"/> Mit Einsetzen des Schulalters im Alter von 6-7 Jahren haben nur 23&nbsp;% Jungen eine komplett zurückziehbare Vorhaut.<ref name="Øster1968"/> Im Alter von 10 Jahren können noch rund 50-60&nbsp;% der Jungen ihre Vorhaut nur teilweise oder überhaupt nicht zurückziehen<ref name="Øster1968"/>; Doch ist nach dem 17. Lebensjahr bei fast allen Jungen die Vorhaut komplett zurückziehbar.<ref name="Øster1968"/>
Bedenken, dass eine nichtzurückziehbare Vorhaut beim Kind oder Jugendlichen zu hygienischen Problemen führen könnte, sind unbegründet, da Vorhaut und Eichel fest miteinander versiegelt sind, und kein Zwischenraum zwischen Eichel und Vorhaut besteht, in den irgendwelcher Schmutz eindringen könnte. Dieser Zwischenraum bildet sich erst, wenn sich die balanopräputiale Membran auflöst.<ref name="Cold1999"/>
Vielleicht aufgrund des US-amerikanischen Einfluss haben sich viele Falschvorstellungen über die Vorhaut und deren Entwicklung in der deutschen medizinische Literatur und Praxis etabliert. Wenn man beispieksweise Phimose einfach als das Unvermögen zur spannungsfreien Vorhautretraktion definiert, haben alle Jungen bis zu einem gewissem Alter eine Phimose. Jedoch ist eine solch definierte Phimose ein physiologischer Zustand ohne jeglichen Krankheitswert. Definiert man jedoch die Phimose als fehlende Zurückziehbarkeit der Vorhaut, die -nach Ausschluss anderer Ursachen- zu wiederkehrenden Eichelentzündungen oder zu einer obstruktiven Uropathie (Harnstauung/ Harnablussbehinderung) führt, oder als fehlende Zurückziehbarkeit der Vorhaut mit narbiger Vorhautöffnuung infolge von vorzeitigen Retraktionsversuchen, oder seltenen Hauterkrankungen wie der Lichen sclerosus, so ist die Häufigkeit der Phimose nicht höher als 2&nbsp;%.<ref>Rickwood AMK, Walker J.Is phimosis overdiagnosed in boys and are too many circumcisions performed in consequence? Ann R Coll Surg Engl 1989;71(5):275-7.</ref>
Von diesen 1-2&nbsp;% sprechen rund 85&nbsp;% oder mehr auf eine Behandlung mit Corticosteroid-haltiger Salben an. Die restlichen 15&nbsp;% der 1-2&nbsp;% können, sofern keine Lichen sclerosus vorliegt, mittels einer modernen Vorhauterweiterungsplastik wie etwa der Tripel Inzision behandelt werden, die die Vorhaut vollständig erhält und mit einer geringeren Komplikationsrate behaftet ist als die Zirkumzision.
Ein weiteres Problem entsteht, wenn der Arzt versucht die intakte Vorhaut des Jungen zu untersuchen, indem er die Vorhaut in proximaler Richtung (zurück) zieht, wodurch die Vorhautöffnung gerade einmal Stecknadelloch erscheint und der untersuchende Arzt fälschlich annehmen kann, dass tatsächlich eine behandlungsbedürftige Phimose vorliege. Zieht man aber die Vorhaut aber in distale Richtung (nach vorn; vom Körper weg), erkennt man leicht, dass die Vorhautöffnung tatsächlich ziemlich groß ist und keinesfalls den Harnabfluss behindern kann.<ref name="Kaplan1983">Kaplan GW. Complications of circumcision. Urol Clin N Amer 1983;10:543-9. PMID 6623741</ref>
== Komplikationsrate ==
=== Häufigkeit der Komplikationen während oder kurze Zeit nach der Operation ===
Die exakte Komplikationsrate der Zirkumzision ist unbekannt. In prospektiven Studien wurden Raten für kurzfristige Komplikationen von 4&nbsp;% bis zu 55&nbsp;% festgestellt. Das spiegelt die verschiedenen und variierenden Diagnosekriterien wieder, die angewandt wurden. Als realistischer Wert für die Rate der Komplikationen, die während oder kurz nach der Zirkumzision auftreten, kann eine Rate von 2-10 &nbsp;% angenommen werden.<ref name="Williams1993"/><ref name="Griffiths1985">Griffiths DM, Atwell JD, Freeman NV. A prospective survey of the indications and morbidity of circumcision in children. Eur Urol 1985;11(3):184-7.</ref><ref>Fetus and Newborn Committee, Canadian Paediatric Society. Neonatal circumcision revisited. (CPS) Canadian Medical Association Journal 1996;154(6):769-80.</ref> In diesem Wert sind jedoch Langzeit-Komplikationen die sich erst im späteren Leben im Rahmen der körperlichen Entwicklung zeigen nicht miteinbegriffen.
=== Häufigkeit der Komplikationen unter Berücksichtung von Komplikationen im späteren Leben ===
Eine Komplikation, die Folge eines jeden chirurgischen Eingriffs sein kann, sind Blutungen. Blutungen nach der Zirkumzision werden in der Literatur mit einer Häufigkeit zwischen 1,5-35&nbsp;% angegeben.<ref name="Shulman1964">Shulman J, Ben-Hur N, Neuman Z. Surgical complications of circumcision. Am J Dis Child 1964;127:149.</ref><ref name="Patel1966">Patel H.The problem of routine circumcision. Can Med Assoc J 1966;95:576.</ref><ref name="Griffiths1985"/>
Nur selten ist eine Blutung stark genug, dass eine Bluttransfusion notwendig werden kann. Zusätzliche pharmalogische Mittel, die zur Kontrolle der Blutung nach der Beschneidung genutzt werden, umfassen die oberflächliche Anwendung von Thrombin, oder Epinephrin<ref name="Gee1976">Gee WF, Ansell, NF. Neonatal circumcision: a ten year overview; with comparison of the Gomco clamp and the Plastibell device. Pediatrics 1976; 58: 824-7. PMID 995507</ref>,wie auch eine Injektion des Epinephrins direkt in die Zirkzumzisionswunde.
Meatusstenose ist in der Regel eine direkte Konsequenz der Beschneidung und wird bei intakten Jungen und Männern selten vorgefunden.<ref name="VanHowe2006">Van Howe RS. Incidence of meatal stenosis following neonatal circumcision in a primary care setting. Clin Pediatr (Phila). 2006 Jan-Feb;45(1):49-54. PMID 16429216</ref>
Die bislang einzige Studie, bei der ausschließlich die Häufigkeit von Meatusstenose infolge der Zirkumzision untersucht wurde, stellte eine Häufigkeit der Meatusstenose von 7, 3&nbsp;% fest.<ref name="VanHowe2006"/>
Meatusstenosen entstehen infolge der Reizung der äußeren Harnröhrenöffnung durch umgebenden Textilien.Solch eine Reizung ist bei intakten Jungen unwahrscheinlich, weil die intakte Vorhaut die Eichel vor solch reizenden Stoffen schützt.<ref name="Kaplan1983"/><ref name="Upadhyay1998">Upadhyay V, Hammodat HM, Pease PW. Post circumcision meatal stenosis: 12 years' experience. N Z Med J 1998;111(1060):57-8.</ref><ref>Thorup J, Thorup SC, Ifaoui IB. Complication rate after circumcision in a paediatric surgical setting should not be neglected. Dan Med J. 2013 Aug;60(8):A4681. PMID 23905566</ref>
=== Schmerzen beim Wasserlassen ===
Schmerzen beim Wasserlassen (Dysurie) oder Schwierigkeiten werden nach Zirkumzisionen sehr häufig beobachtet. Rund 60&nbsp;% aller beschnittenen Jungen leiden nach dem Eingriff an Schmerzen oder Schwierigkeiten beim Wasserlassen. Aufgrund dieser hohen Inzidenz wird diese Folge der Zirkumzision nicht als Komplikation der Zirkumzision aufgefasst.
=== Tod ===

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